Neue Formate in Sachen Überschuldung: Diskussionspapiere, Berichte und Schlaglichter

Das iff bietet neue Formate, um den Austausch der deutschen und internationalen Überschuldungsforschung zu fördern und um aktuelle Überschuldungsfragen schneller aufgreifen zu können.

Der iff-Überschuldungsreport hat sich in den 10 Jahren, in denen er mittlerweile herausgegeben wird, als feste Referenzgröße in der öffentlichen Diskussion um Überschuldung etabliert. Unterstützt wird er durch die Stiftung Deutschland im Plus. Die Studie versorgt die in der Überschuldungsdiskussion aktiven Gruppen (Wissenschaft, Schuldnerberater, Politik, Anbieter, Presse) mit aktuellen, empirisch belastbaren Daten zur Situation überschuldeter Menschen in Deutschland.

Überschuldung ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Thema, ca. 6,85 Millionen Haushalte sind laut Creditreform aktuell überschuldet. Trotz wirtschaftlichen Aufschwungs nimmt diese Zahl seit 2009, also seit der Finanzkrise, kontinuierlich zu. Der jüngste Armutsbericht stellt wissenschaftlich untermauert fest, die Armen haben keine Lobby. Das liegt auch daran, dass das Thema Überschuldung in der öffentlichen Debatte eher ein Nischendasein führt.

Neben dem Überschuldungsreport wird es nun drei weitere Formate geben, die sich der Überschuldung in Deutschland widmen. Um auch den grenzübergreifenden wissenschaftlichen Austausch zu fördern, werden zweimal jährlich Diskussionspapiere auf Englisch entstehen, die sich an das internationale Fachpublikum richten. Dabei sollen zum einen nicht-deutschsprachige Forscher Zugang zur Überschuldungsforschung in Deutschland erhalten. Zum anderen aber auch deutsche Fachleute, die sich nicht regelmäßig mit der wissenschaftlichen Literatur auseinandersetzen mit Informationen über die internationale Forschung versorgt werden. Um ein möglichst breites Publikum in Deutschland zu erreichen, werden jeweils auch nichtwissenschaftliche, deutschsprachige Überschuldungsberichte zu jedem Diskussionspapier zur Verfügung gestellt werden.

Zudem werden die Überschuldungsschlaglichter aktuelle Fragestellungen der Überschuldung in Deutschland in einem mindestens vierteljährlichen Rhythmus aufgreifen und ausgewiesenen Fachleuten ein Forum bieten. Dieses kurze und häufiger erscheinende Format soll die laufende Berichterstattung auch zwischen den Überschuldungsreports bedienen. Alle Veröffentlichungen werden wie bisher auf den Seiten des Überschuldungsreports veröffentlicht.

Zum Auftakt der Diskussionspapierreihe erscheint nun das erste Diskussionspapier „Theoretical Frameworks for Investigating Consumer Over-Indebtedness and Bankruptcy“ von Xiaojing Wang, Anne Marie Ward, Anthony Wall von der Ulster University in Nordirland und Dirk Ulbricht vom iff.

Es gibt vergleichsweise schuldnerfreundliche Restschuldbefreiungsverfahren wie in den USA, in denen eine zügige Entschuldung zu einer raschen Wiederherstellung einer vollständigen Teilhabe der Überschuldeten am Wirtschaftsverkehr möglich ist. Und es gibt gläubigerfreundliche Restschuldbefreiungsverfahren wie in Deutschland, bei denen sich dies über mehrere Jahre hinzieht. Dieses Papier wirft einen Blick auf die unterschiedlichen Herangehensweisen bei der Restschuldbefreiung und stellt drei theoretische Ansätze vor, die sowohl den politischen Entscheidungsträgern als Orientierung als auch zukünftigen empirischen Forschungen diesbezüglich als Grundlage dienen sollen.

Das erste Überschuldungsschlaglicht „Die Beratungslücke in der Schuldner- und Insolvenzberatung“ ist von Frank Wiedenhaupt, Schuldner- und Insolvenzberater Verein für Berliner Stadtmission und seit 2016 Mitglied im Vorstand der BAG-SB.

Wenn von überschuldeten Personen die Rede ist, denkt man zunächst an den Verbraucher. Er bezieht sein Einkommen aus Arbeitsentgelt, Sozialleistungen, Rente oder versucht mit der Kombination aus mehreren Einkommensquellen seinen privaten Haushalt zu finanzieren. Diesen Menschen steht ein öffentlich finanziertes schuldner- und insolvenzrechtliches Beratungsangebot zur Verfügung. Für Kleinst- und Kleinselbstständige, die ihr Einkommen aus wirtschaftlich selbstständiger Tätigkeit erzielen – gemeint sind hier aber nicht die freiberuflichen Tätigkeiten wie Rechtsanwälte oder Steuerberater, sondern die vielen kleinen Handwerker, Kiosk- und Ladenbetreiber sowie Freiberufler mit Dozententätigkeit – existiert eine solche Beratung nicht. Die Folgen sind fatal.