SITTENWIDRIGE BANKFINANZIERUNG VON SCHROTTIMMOBILIEN

100tausende von Verbrauchern wurden seit 1990 an der Haustür durch Vertreter ruiniert, die ihnen mit Rückendeckung und Finanzierungszusage einer Bank wertlose Immobilien als Altersvorsorge verkauften. Nach bisherigen Standards war dies alles rechtswidrig aber der Bundesgerichtshof sah das dann alles anders. Der Skandal ist nicht zu Ende. Hier ein Brief einer Anwältin vom heutigen Tage:

"Ich habe in den letzten Tagen ein Fülle von Anfragen von neu "Hereingelegten" erhalten

Insbesondere die Helfer einer Firma in Berlin scheuen sich nicht, "kleine Leute" selbst aus Thüringen und Sachsen-Anhalt über mehrere hundert Kilometer zum Notar Dr. X, Berlin, zu karren, wo die armen Leute nichtsahnend einen Kaufvertrag abschließen über eine dieser unsäglichen Schrottimmos. Ich kann es kaum fassen, daß dies noch täglich x-fach passiert wie Anfang der 90er.

Diese Notarverträge enthalten "das volle Programm": Erklärung des Käufers, daß er den Vertrag schon vor 14 Tagen erhalten habe, was gelogen ist, Erklärung über den Erhalt und die Kenntnis der Grundlagenurkunden/Stammurkunden – gelogen, Unterwerfung unter ZV-Klausel wg. Kaufpreiszahlung – dem Käufer völlig unbekannt, Zustimmung, Altbauten zu sanieren – dem Käufer völlig unbekannt etc.

Es ist ein Skandal, der den von Anfang der 90er Jahre wohl noch übertrifft, da jetzt die Rechtslage ja so ziemlich zementiert ist. Die Leute tappen also in Fallen, aus denen sie auch von mir fast nicht mehr herausgebracht werden, wenn ich das mal so ausdrücken darf."

DIE BUNDESREGIERUNG: VERBRAUCHER SIND SELBST SCHULD – SIE BRAUCHEN ALLENFALLS MEHR INFORMATION ZUR LÖSUNG DER KREDITKRISE

Die Fraktion der Grünen hat die Initiative der Rechtsanwälte und Betroffenen aus den sog. Schrottimmobilienfällen zum Anlass einer kleinen Anfrage mit 19 Einzelanfragen genommen und darauf von der Bundesregierung eine Antwort erhalten, die auch nach mehrmaligem Durchlesen nicht viel mehr enthält als die Feststellung, in Deutschland sei alles in Ordnung, der Europäische Gerichtshof habe das bestätigt und der Bundesgerichtshof sei als Anwalt der Verbraucher tätig.

Wir haben die Antwort als Anlage beigefügt. Besonders betroffen macht dabei, dass die Regierung es sich als Leistung anrechnet, dass sie nunmehr Notaren und Kreditinstituten empfohlen habe, nicht mehr bei Nacht und Nebel in den Wohnungen der Verbraucher Schrottimmobilien auf Kredit als Altersvorsorge zu verkaufen sondern den Verbrauchern mehr Bedenkzeit zu geben. Das trifft nicht ganz den Kern der 300.000 Geschädigten, so wie auch erst die Göttinger Gruppe zusammenbrechen musste, damit auch Parlament, Aufsicht und Gerichte begriffen, dass hier eines der größten Rentenbetrugsprojekte mit politischer Unterstützung aufgezogen worden war, die die private Altersvorsorge ebenso diskreditierte wie es die "Bankkredite zur Altersvorsorge" für Schrottimmobilien sind.

Wir sind noch nicht am Ende. Angesichts der Bankenzusammenbrüche bei IKB, Berliner Bank und Sachsen LB zulasten der Sozialetats des Staates mutet es erstaunlich an, dass der Finanzplatz Deutschland immer noch das hohe Vertrauen der Verbraucher habe. Der aktuelle Verfall der Bankaktien (siehe "Gefährliche Wette auf bessere Zeiten, Banchencheck Banken" Süddeutsche Zeitung v. 9.1.2008 S. 23) und des Vertrauensverlustes der Anleger wird politisch heruntergeredet, was Gefahren für die Zukunft birgt.

VERBRAUCHERINFORMATION: ALLHEILMITTEL AUCH BEI KREDITVERKÄUFEN AN GEIERFONDS

Entsprechend sieht auch der neue Gesetzesentwurf zu den Kreditverkäufen aus, der den Verbrauchern, die bei notleidenen Krediten an ausländische sog. Geierfonds verkauft wurden, ein Informations- sowie ein Kündigungsrecht geben will. Man möchte empfehlen, doch auch die Mindestlohnkampagne so wirtschaftsfreundlich umzustellen, dass unterhalb eines Lohnes von 3 € die Arbeitnehmer ein Kündigungsrecht sowie das Recht erhalten, über ihre Misere aufgeklärt zu werden.

Wer glaubt, dass die Finanzkrise allein vom Markt bewältigt wird und daher nur ein bisschen Verbrauchererziehung und Verbraucherinformation notwendig ist, um dem dramatischen Verfall der Sitten und dem Aufblühen von Wucher und Betrug in diesem Bereich gegenzusteuern, fühlt sich in dieser Politik gut aufgehoben. Für die anderen, zu denen sich nunmehr auch die Grünen geläutert haben, ist dies weniger verständlich, zumal sogar der Amerikanische Gesetzgeber eingreift und bestimmte Kreditkonstruktionen, aus denen überproportional notleidende Kredite entstanden sind, verbot. Doch so weit wie in den USA ist ja die Misere in Deutschland noch nicht. Wir müssen also noch zuwarten.

DER ANTRAG DER GRÜNEN

Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Peter Hettlich, Dr. Gerhard Schick, Jerzy Montag und Renate Künast, Fritz Kuhn und der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Verbraucherschutz bei Erwerbsmodellen von Immobilien (BTDrucks 16/7598 v. 14. 12. 2007)

In Deutschland wurden bereits mehr als 300 000 Verbraucherinnen und Verbraucher durch den Verkauf von minderwertigen Immobilien (so genannter Schrottimmobilien) geschädigt. Zielgruppen skrupelloser Verkäuferinnen und Verkäufer waren zum großen Teil Klein- und Mittelverdiener, denen bei Hausbesuchen und im so genannten Strukturvertrieb darlehensfinanzierte Immobilien als Vermögensanlage oder Altersvorsorge verkauft wurde. Die Finanzierung der Immobilienkredite wurde teilweise von namhaften Banken angeboten.

Die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher haben auf diese Weise Immobilien erworben, deren Wert sich häufig auf weniger als die Hälfte des Verkaufspreises bezifferte. Die fehlende Rentabilität der Immobilien hat viele betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher in eine Verschuldungssituation getrieben, deren Folgen sich nicht zuletzt in der privaten und staatlichen Altersversorgung in den folgenden Jahren noch deutlicher bemerkbar machen werden.

Die besonders in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts angebotenen Erwerbsmodelle werden heute im so genannten Grauen Kapitalmarkt mit leicht modifizierten Methoden und Anlageobjekten fortgeführt. Sie werfen Fragen nach erneutem Regelungsbedarf, Präventionsmaßnahmen und Initiativen für mehr Verbraucherschutz auf.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Was tut die Bundesregierung, damit die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber den Kreditinstituten in ihren Verbraucherrechten gestärkt werden?
2. Inwieweit greift die Bundesregierung die Hinweise des EuGH auf und weist den Banken die mit den Schrottimmobilienverkäufen verbundenen Risiken gesetzlich zu?
3. Was unternimmt die Bundesregierung, damit das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die deutsche Kreditwirtschaft und den Anlegermarkt wieder gestärkt wird?
4. Mit welchen Instrumenten verbessert die Bundesregierung im Bereich des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes die Finanzaufklärung für die Verbraucherinnen und Verbraucher?
5. Inwiefern sorgt die Bundesregierung dafür, dass die Geschädigten Zugang zu den Erkenntnissen der Finanzaufsicht erhalten können?
6. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, damit die betroffenen Ministerien (Justiz, Verbraucherschutz und Finanzen) sich vernetzen und für die Geschädigten eine angemessene Rechtssicherheit schaffen?
7. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft vor dem Kauf von Anlageprodukten wie Immobilien durch die Anlageberaterinnen und -berater ausreichend beraten und informiert werden?
8. Inwieweit erwägt die Bundesregierung verschärfte Registrierungs- und Haftungsregelungen für die Anlageberaterinnen und -berater?
9. Inwiefern strebt die Bundesregierung im Zusammenhang mit unzureichend beratenen Immobilienkäuferinnen und -verkäufer eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zugunsten der Geschädigten an?
10. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Klageansprüche länger geltend machen können?
11. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang eine Verlängerung der Verjährungsfristen bei Klagen im Bereich von Geldanlagen?
12. Welche Gründe sprechen gegen eine Pflicht zur Offenlegung einer von der Bank durchgeführten Immobilienbewertung?
13. Welche besonderen Schutzvorschriften für Verbraucherinnen und Verbraucher sind in den letzten 2 Jahren im Zusammenhang mit kreditfinanzierten Immobilienfinanzierungen eingeführt worden?
14. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Vertriebssperre für die Vermittlung von Immobilienfinanzierungen im Reisegewerbe?
15. Wie beurteilt die Bundesregierung Forderungen nach Streichung von Sonderregeln (insbesondere § 358 BGB) für Immobilienkredite bei Widerrufsrechten im Bürgerlichen Gesetzbuch?
16. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des EuGH vom 25. Oktober 2005 zu kreditfinanziertem Immobilienerwerb und der Anwendung der Haustürwiderrufs-Richtlinie in Deutschland?
17. Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen in Deutschland, um Urteile aufzuheben, die gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen?
18. Welche Erfahrungen liegen der Bundesregierung mit den Regeln des § 17 Abs. 2a Beurkundungsgesetz vor, die Verbraucherinnen und Verbrauchern ausreichende Bedenk- und Kenntnisnahmezeit gewähren sollen?
19. Wie gedenkt die Bundesregierung die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Zukunft zu stärken, damit sie die Geschädigten durch Aufklärung unterstützen kann?

STELLUNGNAHME DER GRÜNEN ZUR ANTWORT DER BUNDESREGIERUNG

„Blind bei dubiosen Anlagemodellen”
Anlässlich der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage „Verbraucherschutz bei Erwerbsmodellen von Immobilien” (BT-Drs 16/7598) erklären Nicole Maisch, verbraucherpolitische Sprecherin, und Peter Hettlich, Sprecher für Baupolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:
In der Finanzbranche droht sich der sogenannte Schrottimmobilienskandal zu wiederholen und die Bundesregierung schaut weg. Aktuell floriert der Betrug im sogenannten Grauen Kapitalmarkt erneut, denn dubiose Anbieter nutzen die Furcht der Anleger vor der Anfang 2009 in Kraft tretenden Abgeltungsteuer. Unseriöse Anlageberater werben mal wieder mit unrealistischen Steuerersparnissen.
Verbraucherfreundliche Präventionsmaßnahmen sind hier längst überfällig. Doch die Bundesregierung lehnt sie mit dem falschen Verweis auf „Bürokratieaufbau” strikt ab.
Die Antworten der Bundesregierung zum Thema Verbraucherschutz bei Erwerbsmodellen von Immobilen haben deutlich gezeigt: Beim Betrug mit Kapitalanlagen verweigert die Bundesergierung die notwendigen verbraucherpolitischen Gesetze und Kontrollmaßnahmen! Dabei sind fehlgeschlagene Anlage- und Finanzierungsgeschäfte in Deutschland mittlerweile in erheblichem Ausmaß für die Verschuldung von Privatpersonen verantwortlich und haben negative Auswirkungen auf die private und staatliche Altersvorsorge.
Nach wie vor setzt die Bundesregierung vertrauensselig auf freiwillige Maßnahmen einer Branche, die ihre Unschuld mit den Skandalen um die so genannten Schrottimmobilien längst verloren hat: Denn bereits im März 2007 hatte der BGH erstmals festgestellt, dass die Bausparkasse Badenia mit einem betrügerischen Immobilienvertrieb zusammengearbeitet hat.
Berlin, 8. Januar 2008