DIE RETTUNG

Der Deutsche Sparkassen und Giroverband hat für 6,468 Mrd. Euro (5,3 Mrd. € Kaufpreis + 723 Mio € Übernahme stille Beteiligung + Abfindung der 8,4% Anteile der Restaktionäre (445 Mio €)) den Rest der Berliner Bankgesellschaft, das heißt die Landesbank Berlin mit ihrer Berliner Sparkasse gekauft. Vorher hatte schon die Deutsche Bank für 680 Mio € die Berliner Bank gekauft und dafür auch den Segen der EU-Kommission erhalten. Ende gut – alles gut? Immerhin wurde damit die Hauptforderung unserer Analyse von 2001 erfüllt. Dort hieß es:

„5. Wichtigstes Element ist jedoch die Wiederherstellung eines öffentlich-rechtlichen Versorgungssystems für Finanzdienstleistungen in Berlin für Existenzgründung, Wohnungsbaufinanzierung, die mittelständische Wirtschaft, die Stadt und die Versorgung der Privatkunden mit Krediten, Altersvorsorgeprodukten und Konten in Berlin. Dies soll durch Wiederherstellung von Sparkasse, Landesbank und Wohnungsbaukreditanstalt sowie Fördereinrichtungen geschehen. Demgegenüber sind die unpassenden Teile dieser Privatbank zusammenzufassen und durch Nutzung der Mitnahmeeffekte ihrer profitablen Teile Kosten mindernd zu verkaufen.”

Haben die Sparkassen damit dem Gemeinwohl gedient? Sie haben den Namen "Sparkasse" gerettet, heißt es beim DSGV und dafür auch draufbezahlt. Ob das nachhaltig ist, muß bezweifelt werden. Der Name ist nach dem Urteil des LG Berlin schon nicht mehr sicher und der Verkauf der nächsten Sparkassen wird nicht lange auf sich warten lassen. Der DSGV täte besser daran, die Funktion der Sparkassen zu stärken und deutlich zu machen statt nur ihen Status zu schützen. Der sicherste Garant eines gemeinnützigen Bankensektors ist nämlich in Zukunft nicht mehr der Staat (auch wenn hier die engsten Verflechtungen sind) sondern eine kritische Öffentlichkeit, die es zu überzeugen gilt. Das dürfte bei der Berliner Sparkasse aber kaum gelungen sein.

DER PREIS

Welcher Preis! Das Land Berlin wurde durch eine halsbrecherische und uE rechtlich nichtige potentielle Staatshaftung, die schon 1994 bei der Privatisierung der Berliner Sparkasse das Risiko beim Staat beließ, erpresst. Die öffentlich-rechtliche Landesbank hatte man nämlich mit ihrer Staatshaftung in der privaten Bankgesellschaft Berlin belassen, die zugleich Milliardenkreditgeber dieser Bank war. Dadurch wurde der Staat faktisch bereits zum Ausfallbürgen. Daher kann es nicht verwundern, dass einmütig alle Parteien damals ca. 3,5 Mrd. € aus Landesmitteln zur Sanierung bereitstellten, eine stille Einlage von 723 Mio € gezahlt wurde und dazu noch eine Bürgschaft von 30 Mrd. € übernommen wurde.

Mit dieser Bürgschaft übernahm das bankrotte Land eine Garantie für die Rückzahlung von 30 Mrd. € Krediten, die im Rahmen der politisch wirtschaftlichen Korruption an „befreundete” Wohnungsunternehmer, Bauwirtschaft, Kreditinstitute etc flossen und von Anfang an nur aus Grundstücken bezahlt werden sollten und mussten, deren Wert heute der Bürge, d.h. der Senat, auf allenfalls 24 bis 26 Mrd. € schätzt. Schätzungen von Experten, die nicht am Herunterspielen der Probleme interessiert sind, sind nicht bekannt. Der Berliner Wirtschaftssenator Sarrazin (SPD) schätzt den Verlust für die Stadt zwischen 4 und 6 Mrd. €. Dass sich das wahrscheinlich noch gewaltig reduzieren lasse, ist wenig glaubwürdig, wenn der Senator gleichzeitig bekannt gibt, er werde die 5,3 Mrd. € Kaufpreis vollständig in einen Fonds zur Abdeckung dieser Risiken einbringen. (SZ v. 16.6.2007 S.28)

DIE BILANZ

Machen wir eine Bilanz für die öffentliche Hand. Das Land Berlin besaß einmal eine Sparkasse, die hatte mit Sicherheit einen Wert weit über dem jetzigen Kaufpreis, der durch alle Skandale und erzwungen Verkäufe gemindert vielleicht einmal 10 Mrd. € betrug. Dieser Wert ist vollständig verschoben worden, denn das Land erhält nichts für die Sparkasse. Die 6,023 Mrd. € (5,3 + 0,723 Mrd.) werden vollständig für die Gläubiger der Schulden der alten Berliner Bank gebraucht. Mit den 623 Mio €, die die Deutsche Bank für die Konkursmasse Berliner Bank zahlt, wird es nicht besser aussehen.

Aber davon noch nicht genug. Das Geld zur Abdeckung dieser Schulden kommt fast vollständig aus dem Sparkassensektor, der ja bekanntlich nur die öffentliche Hand als Eigentümer hat und somit dieses Geld auch den Städten und Gemeinden entzieht. Es wird ja nur eine bestehende Sparkasse erhalten und keine zusätzliche geschaffen. Insgesamt hat also die öffentliche Hand nach unserer Rechnung letztlich ca. 17 Mrd. € in die Schulden gesteckt. Wir erinnern uns, wie viel Diskussion die 3,5 Mrd. € Krippenplätze für die Zukunft unserer Kinder und Deutschlands auslöste.

WER HAT DIE 17 MRD EURO STAATSGELDER ERHALTEN?

Jeder Kapitalmarktexperte kennt den Spruch von Andre Kostelany, dass der Kapitalmarkt kein Geld verliere sondern es nur woanders hinbringe. Wohin aber hat er die 16 Mrd. € öffentliche Mittel gebracht? Wir hatten damals darüber berichtet und das reichte bis zu Bundestagsabgeordneten und Ministern, die hochverzinsliche Wertpapiere mit Realwertgarantien bekamen und bis heute einlösen dürfen. Aber viel Geld blieb auch im Bankensektor, der bei hochspekulativen Geschäften immer beteiligt ist.

Eine saubere Lösung mit Teilkonkurs und Übertragung aller Schadensersatz- und Bereicherungsforderung an einen unabhängigen Prozessfonds zusammen mit einer rechtlichen Überprüfung der Privatisierung und der Unwirksamkeitserklärung dieser faktischen Patronatserklärung hätte die Milliarden Schulden in die Wirtschaft recycled. Er hätte gleichzeitig in Deutschland einen Prozess der nachhaltigen Korruptionsbekämpfung eingeleitet, den unsere Großindustrie nach Siemens und Volkswagen oder Göttinger Gruppe sowie den vielen anderen unerkannten Politisch-ökonomischen Verflechtungen dringend benötigen würde.

Dazu kam es nicht. Es wurde alles weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter Vertuschung der eigentlichen Nutznießer verhandelt. Gezahlt haben es u.a. die Berliner Kinder, von denen jedes vierte in Armut lebt und unsere Kampagnen gegen Kinderarbeit in Indien zur Heuchelei werden lassen.

STAMOKAP ODER KRANKENBETT

Der heutige Justiziar der SPD-Bundestagesfraktion der Berliner Klaus-Uwe Benneter wurde sieben Jahre vor der Privatisierung der Sparkasse Berlin im Jahre 1977 als Bundesvorsitzender der Jusos noch dafür von seinen Ämtern entbunden und aus der SPD ausgeschlossen, weil er behauptet hatte, dass das Großkapital sich zunehmend den Staat unterwerfe und ihn zu seinem Werkzeug mache. Diese sog. „STAMOKAP-Theorie”, für die Lenin Finderlohn erhielt, wurde als Inbegriff demokratiefeindlicher Einstellung verfolgt und nicht als intellektuelle Provokation verstanden. Man hätte sich die Läuterung des Klaus Uwe Benneter im Parteiapparat sparen können und stattdessen Lasalle gegen Lenin antreten lassen. Dann wäre deutlich geworden, dass der STAMOKAP tatsächlich eine irreführende Theorie war und Ferdinand Lasalle Recht hatte, der den Staat als Arzt am Krankenbett des Kapitalismus ansah. Nur müsste man Lenin ein wenig zugestehen, dass die Honorarrechnung des Arztes bis heute nicht der Kranke sondern die Allgemeinheit bezahlt und damit der Kranke doch mehr Stärke beweist als wie ihm Lasalle zuerkennen wollte.

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iff THESEN AUS DEM JAHRE 2001

Sanierung der Bankgesellschaft Berlin?
Prof. Dr. Udo Reifner, Institut für Finanzdienstleistungen e.V. Hamburg

Zusammenfassung

1. Rechtlich ist das Land Berlin nicht verpflichtet, die Schulden der Berliner Bankgesellschaft zu übernehmen und den Steuerzahler mit bis zu 10 Mrd. DM zu belasten. Eine Patronatserklärung als öffentliche Bürgschaft könnte nur das

2. Abgeordnetenhaus durch ein Haushaltsgesetz ermöglichen. Im Konkursfall wären alle privaten Einleger außer den Banken vollständig durch verschiedene Sicherungssysteme abgesichert.

3. Gleichwohl ist aus wirtschaftlichen und politischen Gründen eine Sanierung der Bank durch die öffentliche Hand auf jeden Fall erforderlich. Sie sollte jedoch nicht diejenigen begünstigen, denen ein hohes Maß an Mitverantwortung für die Krise zukommt und vor allem die Versorgung Berlins mit sozial verträglichen Finanzdienstleistungen langfristig sicherstellen.

4. Im einzelnen sollten daher die Anteilseigner ihre bei einer Schuldübernahme aufgewerteten Aktien dem Land zur Verfügung stellen. Es sollte der Feuerwehrfonds des Bundesverbandes deutscher Banken finanziell beteiligt werden. Es sollten sich die Bankengläubiger, die den Konkurs am meisten fürchten müssen, konstruktiv an der Bewältigung beteiligen. Und es sollten über eine Treuhandfondslösung – nach Art der Entschädigungsfonds – für die Zukunft alle Ansprüche aus rechtswidrigem Verhalten aller Beteiligten sukzessive zur Milderung der Schuldenlast realisiert werden.

5. Wichtigstes Element ist jedoch die Wiederherstellung eines öffentlich-rechtlichen Versorgungssystems für Finanzdienstleistungen in Berlin für Existenzgründung, Wohnungsbaufinanzierung, die mittelständische Wirtschaft, die Stadt und die Versorgung der Privatkunden mit Krediten, Altersvorsorgeprodukten und Konten in Berlin. Dies soll durch Wiederherstellung von Sparkasse, Landesbank und Wohnungsbaukreditanstalt sowie Fördereinrichtungen geschehen. Demgegenüber sind die unpassenden Teile dieser Privatbank zusammenzufassen und durch Nutzung der Mitnahmeeffekte ihrer profitablen Teile kostenmindernd zu verkaufen.

6. Berlin muss seine Bankgesellschaft aus dem Zugriff der Politik und Teilen der Wirtschaft dadurch herauslösen, dass es sie in die bewährten überregionalen Strukturen dort einfügt, wo sie passen.