Zusammenfassung

Die Europäische Kommission hat ihre seit langem bei der Generaldirektion Markt vorliegende Zahlungsverkehrsrichtlinie öffentlich gemacht. Die Richtlinie hat zwei Teile: der erste Teil schafft das Bankenmonopol im Zahlungsverkehr und bei Konsumkrediten zugunsten eines freien Marktes ab, der zweite Teil fasst im wesentlichen bestehende europarechtliche Regelungen zu Überweisungen ins Ausland zusammen, ohne viel Neues für Verbraucher zu bieten. Die Presseerklärung, es handele sich hier um neuen Verbraucherschutz ist doppelt falsch: tatsächlich werden mit der Richtlinie Kreditkartenunternehmen und Finance Companies sowie korporative Kunden der Banken im Auslandsgeschäft gefördert. Besonders dramatisch ist die Freigabe des Konsumentenkreditmarktes und der damit zu erwartende Import von Überschuldungsmechanismen.

Wie schon in der Dienstleistungsrichtlinie sollen die Zahlungsverkehrsdienstleister einen sog. einheitlichen Pass erhalten. Sind sie in einem Land zugelassen, so kann ein anderes Land sie nicht zurückweisen und kontrollieren. Dafür werden ein paar Mindestanforderungen eingebaut, die jedoch die kulturellen und rechtlichen Grenzen des Bankgeschäfts auf dem Kontinent bei weitem unterschreiten. Die Kommission spricht selber davon, dass sie damit bestimmte „Anbieter aus der Schattenwirtschaft" auf dem gemeinsamen Markt zulassen und damit legalisieren will und damit offensichtlich in den Ländern sanieren will, die bisher diese Probleme nicht bewältigen konnten.

Im ersten Teil des Entwurfs wird die Bankenaufsicht über ausländische Dienstleister bei Kreditkarten, Überweisungen, Geldtransfers und kontenbezogene Konsumentenkredite praktisch abgeschafft, die Sicherheitsbestimmungen werden gelockert und damit der kontinentaleuropäische Markt für angelsächsische Nichtbanken geöffnet. Die Richtlinie setzt damit die Dienstleistungsrichtlinie im Spezialbereich der Finanzdienstleistungen voreilig um. Ferner steht sie im Zusammenhang mit dem im Namen eines ungehinderten Marktzugangs für Anbieter propagierten Abbaus nationalen Verbraucherschutzes, wie ihn der ebenfalls vorliegende neue Entwurf der Konsumentenkreditrichtlinie verlangt. Ein ungehinderter Marktzugang und die Diffamierung nationaler Verbraucherschutzkultur als Barriere für die europäische Einigung sind Kernelemente der Entwürfe der Generaldirektion Markt, die die Kommission insgesamt zu akzeptieren scheint. Damit wird einem unkontrollierten Geldgeschäft das Tor weit geöffnet. Die in den Richtlinien europaeinheitlich neu verkündeten Standards sind an dem schwach ausgeprägten angelsächsischen Systemen orientiert und berücksichtigen keine Qualitätsstandards, ethische Restriktionen und vor allem die Kultur der Überschuldungsprävention auf dem Kontinent. Die Gefahren für Geldwäsche und Kriminalität durch aufsichtsfreie Bereiche sollen allein durch die Anwendung der Geldwäscherichtlinie gebannt werden, die allerdings bekanntlich ihre Wirkungen im Nichtbankenbereich verfehlt.

In dem die Konsumenten- und Kreditkartenkredites der Nichtbanken freigegeben werden, indem sie ihre Kreditvergabe nur noch wie in den angelsächsischen Ländern bereits üblich über Kreditkarten und Kreditrahmen vergeben, wird die Tür für sog. predatory lender und extortionate Kredit weit aufgemacht. Die Bemühungen, die Überschuldung, unverantwortliche Kreditvergabepraktiken zu kontrollieren, werden damit konterkariert.

Irreführend ist die Presseerklärung der Kommission. Hierin wird versucht, der Öffentlichkeit die Richtlinie als einen Beitrag zum Verbraucherschutz anzupreisen. Dazu hat man bereits bestehende ältere Richtlinien und Verordnungen neu zusammengefasst und Elemente des gewerblichen Kundenschutzes als Verbraucherschutz dargestellt. Tatsächlich ist die federführende Generaldirektion Markt in diesem Bereich weder zuständig noch kompetent. Die Generaldirektion Verbraucherschutz hat allerdings durch Abschaffung ihrer Finanzdienstleistungsabteilung ebenso die Kompetenz freiwillig aufgeben wie die Generaldirektionen Sozialpolitik (Thema „Kredit, Arbeit und Überschuldung") sowie die Generaldirektion Unternehmen, die sich früher einmal um die Schulden der Existenzgründer im Konsumkredit gekümmert hatte.
I. Einheitlicher Pass für "Zahlungsverkehrsdienstleister" (Titel I u. II)
1. Was bedeutet der einheitliche Pass?

Ziel der Richtlinie ist eine Freigabe des kontinentaleuropäischen Marktes für ausländische Nichtbanken, da ausländische Banken schon mit der dritten Bankrechtsrichtlinie dieses Recht haben. Hierzu werden sog. neue "Zahlungsdienstleister" eingeführt, die nicht mehr Kreditinstitute sein müssen. Solche Zahlungsdienstleister müssen nur noch in einem Land der EU zugelassen sein und können dann ungehindert auch in Deutschland tätig werden.

Sind sie z.B. in Großbritannien oder zukünftig in Rumänien zugelassen, dann unterstehen sie nicht mehr der deutschen Finanzdienstleistungsaufsicht und können danach u.U. nach englisch oder amerikanischem Recht zulässige Transaktionen durchführen. Bisher waren sie in Deutschland verboten.

Missstände solcher Kleinanbieter und Kreditkartenunternehmen sind weit überhöhte Gebühren, Konzentration auf das Geschäft mit der Armut, Ausnutzen von Zwangssituationen etwa bei Immigranten mit Heimatlandtransfers, Kreditkartenverkauf an der Haustür. Das Ergbnis ist, dass zwischen 13 und 17 % der Bevölkerung in diesen Staaten und in manchen Stadtquartieren Englands bis zu 30 % statt einer Bankverbindung auf solche Kredit- und Zahlungsdienstleister angewiesen sind.

Nach deutschem Recht (ähnlich in den meisten westeuropäischen Staaten des Kontinents) ist der Zahlungsverkehr ein Bankgeschäft, das der staatlichen Aufsicht entsprechend zugelassener und geprüfter Kreditinstitute obliegt. (§1 KWG) Damit ist vor allem die Seriosität, die Allgemeinheit und die Verhinderung von Wucher und Schattenwirtschaft in Sondermärkten gewährleistet.

Die neue Richtlinie will dies wie schon in der Dienstleistungsrichtlinie für den Nicht-Bankenbereich erfolglos versucht nunmehr durchsetzen.

Als ersten der „Kernbestandteile des Vorschlags" zählt die Begründung das Recht zur Erbringung von Zahlungsdiensten an die Allgemeinheit (Titel II) auf. Dazu heißt es:

Mit der Harmonisierung der Marktzugangsanforderungen für Zahlungsdienstleister (Nichtbanken) sollen gleiche Ausgangsbedingungen geschaffen und die nationalen Märkte stärker für den Wettbewerb geöffnet werden. Gleichzeitig soll damit der Marktentwicklung der letzten Jahre Rechnung getragen und der Markteintritt einer neuen Generation von Anbietern ermöglicht werden. Mit der neuen Zulassung für Zahlungsinstitute wird überdies die Sonderempfehlung VI der OECD-Arbeitsgruppe FATF (Financial Action Task Force) einheitlich umgesetzt. Eine Freistellung für bestimmte Kategorien von Finanztransferdienstleistern soll den allmählichen Übergang dieser Anbieter aus der Schattenwirtschaft in die reguläre Wirtschaft erleichtern.

2. Was ist ohne Bankerlaubnis in Zukunft möglich?

Bankenaufsichtsfrei sind in Zukunft alle Tätigkeiten, wie sie im Anhang "Zahlungsdienste" aufgeführt sind.
Dazu gehören Bareinzahlungen und Barauszahlungen (1+2), wenn sie in elektronisches Geld umgewandelt weitergeleitet werden sollen ("Girokonto"), Lastschriften, Kreditkarten sowie EC-Karten (Ziff.3), Kreditkartenkredite und Kundenkonten mit Kreditrahmen (Ziff.4), Zahlungskarten (Ziff.5), Schaffung von elektronischen Geldbörsen (Ziff.6) , elektronische Zahlung auf dem Internet oder über das Handy von Waren insbesondere auf dem Internet (Ziff. 8 + 9). Schließlich werden auch praktisch auch in der EU den Banken vorbehaltene Entgegennahme von Geldern ermöglicht. Ziff. 7 erlaubt die Einzahlung von Guthaben, wenn der letztendliche Zweck die Überweisung sein soll. Art. 10 Ziff. 1 Abs. 2 definiert solche Einzahlungen so, sie seien „nicht als Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern" im Sinne der Bankenrichtlinien zu verstehen. (Ob diese damit implizit geändert sind?)

3. Wer darf es?

Neben Banken und Postscheckämtern sollen in Zukunft alle „natürlichen oder juristischen Personen, die nach Art. 6 eine Zulassung für die gemeinschaftliche Erbringung (gemeint ist „in der EU")" solcher Dienstleistungen in irgendeinem Lande erhalten haben.

Weiter zählen dazu auch deren „Bevollmächtigte oder Tochtergesellschaften" (Art. 11) Dies muss nur mitgeteilt werden.

Die Voraussetzungen ähneln denjenigen für Kreditvermittler und Versicherungsvertreter.

Gem. Art. 6 Abs.3 gilt die Zulassung „in allen Mitgliedsstaaten und gestattet … überall in der Gemeinschaft Zahlungsdienste zu erbringen."

Zugelassen wird, wer einen Antrag mit Angaben (Aufgabe, Adresse, Geschäftsplan, geplante Kontrollverfahren, Risikomanagementverfahren, Organisationsablauf, Name der Eigner, Leumundszeugnis über Geschäftsführer, Anschrift) gestellt hat, wie sie üblicherweise von Kreditvermittlern verlangt werden. (Art. 6 mit Verweis auf Art. 5). Die Zugelassenen werden in ein Register eingetragen.
4. Welchen Anforderungen müssen sie sonst genügen?

Die Anforderungen sind dieselben wie bei Kreditvermittlern. Aufbewahrung der Unterlagen (Art. 13), Buchführung und "verschuldensabhängige Haftung" für ihre Vertreter (Art. 12), eine Regelung die für Juristen, die das allgemeine Prinzip der Haftung für Erfüllungsgehilfen (§278 BGB) in allen Rechtsordnungen kennen, eher merkwürdig erscheint. Ob damit z.B. auch das deutsche BGB eingeschränkt wird, dass die Beweislast zugunsten der Geschädigten umgekehrt, müsste geklärt werden. Die Vorschrift ist irreführend und gehört nicht in eine Spezialrichtlinie.
5. Wie werden Wucherkredite zukünftig ins Land gelassen?

Im Anhang zur Definition der „Zahlungsdienste" findet sich unter Absatz (4) die erstaunliche Bestimmung, dass Zahlungsdienste auch die Kreditvergabe mit umfassen und die Zulassung daher auch dies umfasst. Der Absatz lautet:

(4) Ausführung von Zahlungsvorgängen, wenn die Beträge durch einen Kreditrahmen gedeckt sind, der für den Zahlungsdienstnutzer nach Maßgabe der Richtlinie 98/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Änderung der Richtlinie 87/102/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit und anderer anwendbarer Gemeinschaftsrechtsakte bereitgestellt wurde:

Der Verweis auf die Verbraucherkreditrichtlinie macht unverblümt deutlich: Geldkredite i.S. des §1 KWG sind keine Bankgeschäfte mehr.

Wer sich über die drohenden Gefahren informieren möchte, der sei auf die Internetseiten von Debt-On-Our-Doorstep sowie die Seite www.verantwortliche-kreditvergabe.net des iff verwiesen. 70 % der Überschuldung in den USA und die meisten Kredite Überschuldeter in Großbritannien kommen von Nichtbanken und hier vor allem von Kreditkartenanbietern. Dies Zinssätze bei Kreditkartenkrediten liegen nahe 30 % p.a.. Kreditkartenbetrug, unaufgeforderte Zusendung, Kreditkartenreiter (Pyramiding), Schuldentilgung mit neuen Kreditkarten und bis zu 16 Gläubiger aus Kreditkatenschulden, finanzierte Geldanlagen über Kredite etc sind Alltag. Dem soll jetzt auch auf dem Kontinent der Weg geebnet werden. Zuständig ist nicht mehr die Finanzdienstleistungsaufsicht sondern wohl die Gewerbeaufsicht. Kreditvermittler werden damit zu Banken aufgewertet. Was das bedeutet, haben die 80ziger Jahre in Deutschland gezeigt, wo die gröbsten Missstände über Gerichte bewältigt werden konnten. Für englische Anbieter in Deutschland hätte es niemals gereicht.

Die Kommission geht sogar darüber hinaus und will Kleinkreditgeber sogar vor den wenigen Anforderungen der Richtlinie befreien. Sie übernimmt dabei eine merkwürdige angelsächische Argumentation, wonach Wucherer Wohltäter sind, weil sie ja schließlich ihr Geld an die Verleihen, die bei den Banken abgewiesen werden. Statt wie in Kontinentaleuropa Mindestgirokonten und soziale Verpflichtungen der Banken zur Bedienung der gesamten Bevölkerung zu gleichen Standards zu verankern, werden Wucherer hofiert und dazu noch ein sog. Alternativsektor staatlich subventioniert aufgebaut, der ebenfalls mit Zinssätzen über 30 % den Armen mit vorsintflutlichen Methoden den Segen der modernen Kreditgesellschaft bietet.
Nach Art. 21 können mit der Sondererlaubnis in einem einzigen Staat, und das werden zunächst Großbritannien und Irland sowie ein paar östliche Staaten sein, mit Wirkung für alle anderen auch solche Anbieter und Kleinkreditgeber zugelassen werden, die weniger als 5 Mio. € umsetzen, aber:

„benachteiligten Gruppen Zugang zu Zahlungsdiensten (verschaffen), insbesondere wenn die Erbringung dieser Dienste durch andere Anbieter unwahrscheinlich ist oder viel Zeit in Anspruch nehmen würde,"

Damit stellt sich die Kommission ganz direkt gegen die Forderungen der Koalition für Verantwortung im Kredit in allen Ländern, die von den Geldhäusern eine Verantwortung für ihre Region und die einfachen Menschen verlangen, die nicht in die Schattenwirtschaft abgeschoben, oder was dasselbe ist, für die nicht die Schattenwirtschaft hoffähig gemacht werden soll.
II. Auslandsüberweisungen (Titel III der Richtlinie)

Titel III regelt die Auslandsüberweisungen und Plastikkartenkriminalität, Regelungen, die es zum größten Teil schon gibt.
1. Richtlinie schützt den „Nutzer" nicht den Verbraucher

Mit Verbrauchern meint die Richtlinie nur noch „Nutzer". Die Richtlinie spricht vom „Zahlungsdienstnutzer" (z.B. Art. 25) und stellt damit die Interessen des Automobilkonzerns als Bankkunden mit den Verbraucherinteressen gleich. So wird auch als Beweis für die Notwendigkeit dieser Art von „Verbraucherschutz" das fehlende System einheitlicher Einzugsermächtigungen angeführt.

„Verbraucher beschweren sich über die nationale Ausrichtung der Zahlungsverkehrssysteme. Sie haben nur begrenzten Zugang zu Produkten, die EU weit funktionieren (z. B. gibt es kein effizientes grenzübergreifendes Lastschriftverfahren). Schlimmer noch, sie haben keinen Zugang zu Anbietern aus anderen Mitgliedstaaten, die ihnen einen kostengünstigeren und schnelleren Service bieten könnten."

Einzugsermächtigungen aber erhalten niemals Verbraucher sondern nur Unternehmen, die dies zum Inkasso brauchen und bei denen Verbraucher häufig dem Problem ausgesetzt sind, dass sich Fremde an ihrem Konto bedienen können. Insoweit sind auch die ausführlichen Regelungen in den Art. 29 bis 38 für Rahmenverträge zu verstehen. Für sie gelten nicht die allgemeinen Bestimmungen über Einzelzahlungen. Im übrigen wird die alte Grenze von 50.000 € pro Überweisung beibehalten.
2. Alter Wein in neuen Schläuchen

Die Art. 24 – 28 fassen die praktisch überall und bereits gültigen bisherigen Bestimmungen über Vertrags- und Informationspflcihten zusammen. Dabei geht die Richtlinie weit über das Ziel hinaus, wenn sie verbindlich für alle mehrfach die Bereitstellung aller Bedingungen verlangt und z.B. in Art. 26 Ziff. 1 f) verbindlich vorschreibt, dass „ein Hinweis darauf, wo gegebenenfalls weitere Informationen zur Verfügung stehen und eingesehen werden könne." verlangt.

Angesichts der bestehenden allgemeinen Rechtsvorschriften sind Regelungen wie in Art.40 erstaunlich, wonach für eine zusätzliches Entgelt es einer vorherigen Einigung bedarf.
3. Mehr Pflichten als Rechte für Nutzer

Eine inhaltliche Regelung enthalten die Art. 41 ff. Sie gehen über geltendes Recht praktisch nicht hinaus und haben zudem Verbraucherschädigende versteckte Elemente, die deutlich die Handschrift der Anbieterseite ausweisen.

So wird erstmals in Art. 45 und 46 rechtlich die Verpflichtung der Verbraucher festgelegt, sein Wissen von „nicht autorisierten Transaktionen, Irrtümern oder anderen Unregelmäßigkeiten" auf dem Konto zu melden. Dies wird die Haftung in Zukunft verschärfen. Dabei nimmt die Richtlinie zudem noch eindeutig für die Anbieter Partei, wenn sie in Art. 46 den Verbraucher verpflichtet "die Bedingungen für dessen Ausgabe oder Benutzung ein(zu)halten", d.h. also den Willen der Anbieter zu befolgen, der damit Gesetzesqualität erhält. Die gesamte Rechtsprechung zum Kartenverlustrisiko wird durch diese Verpflichtungen konterkariert. Nicht mehr das hohe Risiko einer missbrauchbaren Karte sondern nur noch ihr Verlust wird Anknüpfungspunkt für die Haftung der Verbraucher.

Art. 48 stellt ein Grundprinzip des Zivilrechts auf den Kopf. Nach geltendem Recht muss die Bank die Anweisung durch den Verbraucher als Grundlage des Auftrags beweisen. Gelingt das nicht, so kommen nur Schadensersatzansprüche in Frage. In Zukunft soll dies anders werden. Der Verbraucher hat die Anweisung erteilt, wenn es ihm nicht gelingt zu beweisen, dass er sie nicht erteilt hat. Das soll ihm offensichtlich verwehrt werden, wenn die technischen Hilfsmittel (PIN, elektronische Signatur) benutzt wurden, auch wenn diese keineswegs die Beweisqualität einer Unterschrift haben.

Art. 50 begrenzt nun die Nutzerhaftung vor Anzeige auf 150 €. Nach US-amerikanischem Recht, das auch den meisten Kreditkartenverträgen weltweit zugrunde liegt, sind es nur 50 $. 150 € sind aber etwa im Sparkassenbereich mehr als bisher verlangt wurde, wenn dort die Haftung auf 10 % begrenzt war und der Überweisungsbetrag wie in aller Regel 1500 € nicht überstiegen hat.
Im übrigen hat diese Begrenzung aber auch praktisch keinen Wert, weil Art. 50 Ziff. 2 sie gleich wieder aufhebt, wenn der Nutzer „durch grobe Fahrlässigkeit" seine oben bezeichnete Pflicht zur Mitteilung und Kontokontrolle verletzt hat. Dann soll sogar eine unbegrenzte Haftung stattfinden. Damit wird die Kontokontrolle und die Verwahrung der Identifikationsmittel zu einer Zwangsarbeit für die Anbieter, die in ihren Bedingungen diese Pflichten im einzelnen festlegen können. Denkbar sind in Zukunft die Pflicht, abschließbare Computer zu nutzen, niemanden mehr für sich tätig werden zu lassen, auch wenn man zu alt zu jung oder behindert ist und auf fremde Hilfe angewiesen ist. Nur eine generelle Begrenzung für jeden Missbrauch bei nichtkriminellen Handlungen des Nutzers würde tatsächlich den Verbraucher von den von den Anbietern beherrschten Risiken des modernen Zahlungsverkehrs entlasten.

Warum mit diesen Bestimmungen laut Presseerklärung das Phishing unmöglich sein soll, ist alles andere als klar. Im Gegenteil legen die Vorschriften es nahe, dass der Verbraucher, der darauf hereinfällt, grob fahrlässig handelt, wenn er nicht merkt, was passiert ist, wenn er auf die „Bankanfrage" antwortet und damit unbegrenzt haftet. Ein Auftrag hat er nach geltendem Recht jedenfalls nicht erteilt.

Neuerdings soll nun auch noch die Widerrufsmöglichkeit der Verbraucher in Zukunft nach Annahme durch den Zahlungsdienstleister gem. Art. 56 ausgeschlossen sein. Nach den Interbankenabkommen bestehen jedoch zur Zeit teilweise 6 Wochen Rückrufsmöglichkeiten. So lange die Bank zurückrufen kann, sollte auch der Verbraucher die Stornierungsmöglichkeit haben. Die Regelung stellt eine unsinnige Belastung der Verbraucher dar, die die Banken zumindest nicht brauchen. Bei zukünftigen Aufträgen soll darüber hinaus die Widerrufsmöglichkeit schon 3 Tage vor Annahme erlöschen können. Verbraucherschutz ist das nicht.

Die Regelungen über die Effektivität der Zahlungen (Art. 58) sowie die Überweisungszeiten (Art. 59) werden das aktuell geltende Recht in der EU nicht verändern. Erst ab 2010 soll die Überweisungsfrist in der EU auf einen Tag reduziert sein, angesichts der Beschränkung der Richtlinie auf elektronische Zahlungen wohl eher peinlich in einer Zeit, in der Verbraucher ihre E-Mails täglich beantworten und Echtzeit Kommunikation pflegen. Da der Kunde elektronisch direkt seine Kontobuchungen vornimmt muss die Bank schon die Verzögerung einprogrammieren, um die Errungenschaften der Richtlinie nicht zu unterbieten. Bei einer Bareinzahlung (Art. 63) wird der in Deutschland geltende Rechtszustand sofortiger Wertstellung ebenfalls konterkariert. Die Wertstellung braucht nach der Richtliner nur am nächsten Tag zu erfolgen.
4. An den Geldproblemen der wirklichen Verbraucher im Ausland vorbei

Verbrauchern hätten zudem ganz andere Probleme im Geldverkehr, die die Richtlinie nicht regelt. Sie nutzen für den Urlaub die Automaten, ohne dass deren Verfügbarkeit garantiert ist. Sie werden in unsicheren Plätzen ausgeraubt und die Auszahlungsbegrenzungen sind willkürlich. Arbeiten sie im Ausland, so brauchen sie dort ein Konto, was nicht immer einfach ist. Überweisungen werden daher auch in Zukunft eine Domäne der Unternehmen und nicht des Verbraucherschutzes sein.
vEinen Rückschritt gegenüber deutschem Recht stellt auch die Identifikationspflicht des Anbieters bei fehlerhafter Empfängerbezeichnung. Hier soll jetzt die Kontonummer des Empfängers allein schon ausschlaggebend sein. (Art. 66) Die Übereinstimmung mit dem Empfängernamen muss das kontoführende Institut nur noch überprüfen „wo dies möglich ist". Dies hängt aber von technischen Gegebenheiten ab, die die Anbieter selber setzen. Sie müssen es also offensichtlich nicht mehr so organisieren, „dass es möglich ist".

5. Interessenvertreter der Verbraucher und der sozialen Verbände wurden nicht konsultiert

Während die Generaldirektion alle Anbieterverbände beteiligt hat, verweist sie bei der Verbraucherkonsultation lediglich auf das BEUC, das hierfür einen Mitarbeiter im ganzen Finanzdienstleistungsbereich hat sowie das FINUSE Komitee, das sie selber ernennt und das überwiegend nicht mit Verbrauchervertretern besetzt ist und von ihr organisatorisch und finanziell abhängt.
Schlussfolgerung

Mit einem Aufwand von 87 Artikeln, die mit Einleitung 53 eng bedruckte Seiten füllen, legt die Kommission eine Deregulierungs- und Marktliberalisierungsrichtlinie im hochsensiblen Bereich von Girokonto und Kredit vor, die die nationalen Banksysteme nachhaltig verändern und dem englisch-amerikanischen Vorbild angleichen wird, wenn sie so Gesetz wird. Kleine Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken werden sich in einem Europa schwer tun, in dem regionale Kultur und Verantwortung keine Rolle mehr spielt, weil nur noch der höchste Gewinn zählt.

Die allein mit solchen Anbietern gelassenen Verbraucher werden sich kaum erwehren können. Aus dem Banksystem ausgeschlossen werden sie sich auf den neuen Märkten zurechtfinden müssen.

Der vollkommen Zweckwidrig mit dieser aufsichtsrechtlichen Marktliberalisierung im ersten Teil der Richtlinie verbundene zweite zivilrechtliche Teil zum Überweisungsverkehr und den Zahlungskarten stellt nirgendwo eine Verbesserung des aktuellen Zustandes her sondern verschlechtert zudem in einzelnen Punkten die Situation der Verbraucher. Sie behindert die nationale Rechtsentwicklung. Am Nachhaltigsten ist jedoch das neue Konzept der Kommission: nicht mehr der Verbraucher sondern der gewerbliche oder nicht-gewerbliche Nutzer wird zum Gegenstand der Gesetzgebung. Damit entfällt das wichtigste Unterscheidungsmittel zwischen Verbraucher und Anbieter: der Erwerb von Waren und Dienstleistungen für die eigenen Bedürfnisse statt für den Gewinn.
Anhang:

Auszüge aus der Richtlinie zur Marktfreigabe
Motive

Die Initiative der Kommission stellt in erster Linie auf elektronische Zahlungen als Alternative zu den teuren Barzahlungen ab. Moderne elektronische Zahlungsmittel regen nach einhelliger Meinung den Konsum und damit das Wirtschaftswachstum an.1 Mit einer Modernisierung der Zahlungssysteme und der vermehrten Nutzung der kostengünstigsten Zahlungsdienste ließen sich, wie die Erfahrungen einiger Länder zeigen, die Kosten für die Abwicklung von Zahlungsvorgängen in weniger als zehn Jahren halbieren. Würden Barzahlungen beispielsweise überall auf das Niveau der Länder mit der niedrigsten Bargeldnutzung zurückgeführt, würde dies eine Einsparung von 5,3 Mrd. EUR bedeuten.

Durch die Öffnung der nationalen Zahlungsverkehrsmärkte für neue Anbieter und die Gewährleistung gleicher Ausgangsbedingungen werden Wettbewerb und grenzüberschreitende Zahlungsdienstleistungen zunehmen. Das Mehr an Wettbewerb, Transparenz und Auswahl auf dem Zahlungsverkehrsmarkt wird den Nutzern von Finanzdienstleistungen zugute kommen.

Die Zahlungsverkehrsbranche hat sich im SEPA-Programm allerdings zu diesen Investitionen verpflichtet und zugesagt, den Euro-Zahlungsverkehrsraum bis 2010 zu vollenden. Die zu erwartenden beträchtlichen Gewinne machen den Investitionsaufwand nach allgemeiner Überzeugung mehr als wett. Mit dem vorliegenden Kommissionsvorschlag soll der Weg für diese Investitionen und den Euro-Zahlungsverkehrsraum geebnet werden.>

– Der fehlende Wettbewerb trifft besonders den Einzelhandel.
Bestehende einschlägige Vorschriften

* Die Empfehlung 97/489/EG bezieht sich auf den Schutz der Kunden, die Zahlungsverifikationsinstrumente (z. B. Zahlungskarten) benutzen.
* Mit der Richtlinie 97/5/EG zur Erleichterung grenzüberschreitender Überweisungen wurden gemeinsame Kundenschutzanforderungen eingeführt.
* Mit der Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 über grenzüberschreitende Zahlungen wurde der Unterschied zwischen grenzüberschreitenden Zahlungen und Inlandszahlungen aufgehoben

Konsultationen

Die interessierten Fachkreise wurden von der Kommission in zwei ständigen Expertengruppen7 sowie im Wege zahlreicher bilateraler Zusammenkünfte und mehrerer Konsultationsrunden zu komplexen, technischen Fragen dieser Richtlinie konsultiert. Die Kommission hat sich diese Beiträge in großen Teilen zunutze machen können. In die Konsultation waren folgende Sektoren aus allen 25 Mitgliedstaaten einbezogen: Zahlungsverkehrsbranche (Banken, Anbieter von E-Geld und mobilen Zahlungsdiensten, Anbieter von Infrastruktur für den Finanztransfer, Zahlungskartenorganisationen usw.), Einzelhandelsverbände (Eurocommerce), Wirtschaft allgemein, Corporate Treasurers (EACT, TWIST), KMU-Verbände, einzelstaatliche und europäische Verbraucherverbände (BEUC, FIN-USE), Zahlungsverkehrsexperten, Consulting-Büros usw.
Schattenwirtschaft

damit niemand in die Schattenwirtschaft gedrängt wird, sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, die es erlaubt, auch solche Zahlungsdienstleister, die nicht alle Voraussetzungen erfüllen können, als Zahlungsinstitute zu behandeln.
Wer darf in Zukunft?

Artikel 1 d)
andere natürliche oder juristische Personen, die nach Artikel 6 eine Zulassung für die gemeinschaftsweite Erbringung und Ausführung von Zahlungsdiensten erhalten haben, nachstehend „Zahlungsinstitute” genannt.

Artikel 6
Erteilung der Zulassung
Die Zulassung wird erteilt, wenn die dem Antrag beigefügten Angaben und Nachweise allen Anforderungen des Artikels 5 genügen. Bei der Prüfung des Zulassungsantrags werden nur die Zulassungsanforderungen in Artikel 5 berücksichtigt. Die Zulassung gilt in allen Mitgliedstaaten und gestattet dem betreffenden Zahlungsinstitut, auf der Grundlage der Dienstleistungs- oder der Niederlassungsfreiheit überall in der Gemeinschaft Zahlungsdienste zu erbringen.

Artikel 5
Zulassungsantrag
Die Zulassung als Zahlungsinstitut ist schriftlich bei den zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats zu beantragen; dem Antrag sind beizufügen: (abgekürzt) a) Tätigkeitsprogramm b) Geschäftsplan c) eine Beschreibung der Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, die die Vermutung zulassen, dass der Antragsteller zuverlässige, adäquate Verfahren und Kontrollen durchführt; d) eine Beschreibung der internen Kontrollmechanismen e) der Risikomanagementverfahren des Antragstellers; f) organisatorischen Aufbaus g) der Name der Personen (Teilhaber) die Personalien des Geschäftsführers sowie einen Nachweis, dass die Person, die tatsächlich die Geschäfte des Antragstellers führt, über einen guten Leumund und über angemessene Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erbringung von Zahlungsdiensten verfügt; j) die Rechtsform des Antragstellers; k) Anschrift Für die Zwecke von Buchstabe c legt der Antragsteller eine Beschreibung der organisatorischen Regelungen vor, die es ihm ermöglichen, alle von ihm zu erwartenden Vorkehrungen zu treffen, um die Interessen seiner Nutzer zu schützen und bei der Erbringung der Zahlungsdienste Kontinuität und Verlässlichkeit zu garantieren.
Ausnahmeregelung

Artikel 21
Voraussetzungen
1. Abweichend von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d können die Mitgliedstaaten im Einzelfall die Eintragung natürlicher oder juristischer Personen in das Register nach Artikel 8 ungeachtet des Verfahrens nach Abschnitt 1 zulassen, wenn beide der nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind: a) Die gesamte Geschäftstätigkeit der betreffenden Person, einschließlich der Tätigkeit der Bevollmächtigten oder Tochtergesellschaften, für die sie verschuldensunabhängig haftet, ergibt noch nicht in Anspruch genommene Geldbeträge für die Erbringung von Zahlungsdiensten in Höhe von monatlich durchschnittlich höchstens 5 Mio. EUR und 6 Mio. EUR zu jedem anderen Zeitpunkt. b) Es wird aus einem der nachstehenden Gründe angenommen, dass die Registrierung im öffentlichen Interesse ist: i) Die betreffende Person spielt in der Finanzmediation eine wesentliche Rolle und verschafft benachteiligten sozialen Gruppen Zugang zu Zahlungsdiensten, insbesondere wenn die Erbringung dieser Dienste durch andere Anbieter unwahrscheinlich ist oder viel Zeit in Anspruch nehmen würde. ii) Die Registrierung ist für die wirksame Anwendung der Geldwäschevorschriften oder der Regelungen zur Verhinderung der Terrorismusfinanzierung notwendig. 2. Die Personen in Absatz 1 werden als Zahlungsinstitute behandelt
Was darf er?

Artikel 10
Zugelassene Tätigkeiten
1. Zahlungsinstitute dürfen folgenden Tätigkeiten nachgehen: a) Erbringung von Zahlungsdiensten;

ANHANG „ZAHLUNGSDIENSTE” NACH ARTIKEL 2 ABSATZ 1

(abgekürzt) (1) Bareinzahlungen und (2) Barabhebungen von einem Zahlungskonto des Zahlungsdienstleisters (3) – Ausführung von Lastschriften einschließlich einmaliger Lastschriften; – Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels einer Zahlungskarte oder eines ähnlichen Instruments; – Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen. (4) Ausführung von Zahlungsvorgängen, wenn die Beträge durch einen Kreditrahmen gedeckt sind, der für den Zahlungsdienstnutzer nach Maßgabe der Richtlinie über den Verbraucherkredit und anderer anwendbarer Gemeinschaftsrechtsakte bereitgestellt wurde: (5) Zahlungskarten (6) elektronische Geld (7) Finanztransferdienste (8) Ausführung von Zahlungsvorgängen mit Hilfe eines Mobiltelefons oder eines anderen digitalen Geräts oder IT-Geräts, wenn Bezahlung von Waren oder Dienstleistungen erleichtert, oder lediglich einen Geldtransfer für die Bezahlung von durch das Fernkommunikationsmittel bereitgestellten digitalen Waren oder elektronischen Kommunikationsdiensten vornimmt, ohne weiter tätig zu werden.
Wer beaufsichtigt wie?

Artikel 20 Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr
1. Ein zugelassenes Zahlungsinstitut, das auf der Grundlage des Niederlassungsrechts oder der Dienstleistungsfreiheit erstmals in einem anderen Mitgliedstaat als seinem Herkunftsmitgliedstaat tätig werden will, setzt die zuständigen Behörden seines Herkunftsmitgliedstaats hiervon in Kenntnis

Artikel 16 Aufsicht
Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Kontrollen der zuständigen Behörden, mit denen sie die kontinuierliche Einhaltung der Bestimmungen dieses Titels überprüfen, verhältnismäßig, geeignet und den Risiken von Zahlungsinstituten angemessen sind. Um die Einhaltung der Bestimmungen dieses Titels zu überprüfen, dürfen die zuständigen Behörden nur die nachstehenden Handlungen vornehmen: (Abgekürzt) a) Aufforderung Angaben zu übermitteln, die notwendig sind, um die Einhaltung der in diesem Titel niedergelegten Anforderungen überprüfen zu können; b) Inspektionen vor Ort ; c) Veröffentlichung von Empfehlungen und Leitlinien; d) Aussprechen von Warnungen und Verhängung angemessener Sanktionen bei Nichteinhaltung der in diesem Titel niedergelegten Anforderungen; e) Aussetzung oder Entzug der Zulassung, wenn die Zulassungsbedingungen gemäß Artikel 5 nicht mehr erfüllt sind.