Sparschwein

Vorsorgefonds besser als neue Betriebsrente und verfassungs- und europarechtlich unbedenklich

Häufig wird behauptet, ein Vorsorgekonto wie die zuletzt diskutierte Deutschlandrente, sei nicht mit deutschem und europäischem Recht vereinbar. Das Institut für Finanzdienstleistungen (iff) hat daher in einem Gutachten von Professor Schwintowski, Humboldt-Universität zu Berlin, prüfen lassen, ob und in welcher Ausgestaltung ein solches staatliches Vorsorgekonto zulässig wäre. Das Ergebnis ist: Das Vorsorgekonto ist unbedenklich.

Alternative zu Sozialpartnermodell

Statt der unzureichenden neuen Betriebsrente „Sozialpartnermodell”, die nur tarifgebundene Arbeitnehmer erreicht, würden in diesem Modell alle Bürger ein Vorsorgekonto erhalten, auf das ihre Arbeitgeber automatisch einen kleinen Prozentsatz des Lohnes überweisen. Wer nicht für sein Alter vorsorgen möchte, kann das Konto beitragsfrei stellen oder das Geld anders ansparen.

Egal ob als private oder betriebliche Altersvorsorge

„Ob man das Vorsorgekonto als private oder betriebliche Altersvorsorge bezeichnet, ist völlig unerheblich. Relevant ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger endlich ein kostengünstiges und rentables Angebot für zusätzliche Altersvorsorge erhalten und dass für kleine und mittlere Unternehmen eine einfache und unbürokratische Möglichkeit geschaffen wird, ihren Mitarbeitern eine Betriebsrente anzubieten”, sagt Udo Philipp, Vorstand des institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff), Hamburg.

Riesterförderung bleibt weiter unzureichend

Gleichzeitig mit der neuen Betriebsrente wird auch die Riesterförderung erhöht. Eine Aufstockung der Riesterrente ändert aber auch nichts daran, dass diese häufig teuer ist, wenig Rendite bringt und einen zu geringen Verbreitungsgrad hat – insbesondere bei denjenigen, die eine zusätzliche Altersvorsorge dringend bräuchten. Außerdem soll mit dem neuen Gesetz 200 Euro zusätzliche Altersvorsorge nicht mehr auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden.

Keine Anrechung auf Grundsicherung

„Zusätzliche Altersvorsorge darf nicht – und zwar gar nicht – auf die Grundsicherung angerechnet werden. Auch mit einem Freibetrag von 200 Euro müssten sich Menschen mit niedrigen Renten immer noch einen Teil ihrer Altersvorsorge konfiszieren lassen. Ein politisches System, das Geringverdiener ermuntert, sich einen Teil ihres knappen Einkommens abzusparen, um ihnen dies im Alter ganz oder teilweise wieder wegzunehmen, kann wohl nur als grotesk bezeichnet werden”, kommentiert Udo Philipp diese Regelung (mehr dazu auch in der Süddeutschen Zeitung vom 30.5.2017).

Schwedisches Modell als Vorbild

Die Lösung ist ein Bürgerfonds nach schwedischem Vorbild. Gemäß Professor Schwintowski steht der Einrichtung eines Vorsorgekontos nach deutschem Recht nichts im Wege, da das Vorsorgekonto struk­tureller Bestandteil der auf eine angemessene Altersversorgung ausgerichteten gesetzlichen Rentenversicherung wäre. Das Vorsorgekonto ergänzt zudem die gesetzliche Rentenversicherung und sorgt so für den Erhalt eines angemessenen Lebensstandards im Alter.

Vorsorgefonds europarechtlich zulässig

Die zukünftigen Träger des Vorsorgekontos betreiben ein System, das ausschließlich sozialen Zwecken dient. Damit sind sie nicht den Wettbewerbsregeln des Europäischen Vertrages unterworfen. Somit ist das Vorsorgekonto auch europarechtlich zulässig. Es ist seiner Natur und aufgrund seiner Zielsetzung als Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung nach Ausdruck des Sozialstaatsprinzips. Die Einbindung in das Vorsorgekonto ist für alle Begünstigten verpflichtend. Daran ändert die Möglichkeit der Einstellung der Beitragszahlung (Opting-Out) nichts. Ein weiterer sozialer Ausgleich innerhalb des Vorsorgekontos ist nicht notwendig.

Das ist die zulässige Ausgestaltung

Professor Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt-Universität Berlin kommt zum Schluss, dass ein staatlicher Vorsorgefonds in folgender Ausgestaltung rechtlich unbedenklich wäre:

  • Der Staat richtet für alle Bürgerinnen und Bürger ein Vorsorgekonto ein
  • Alle Arbeitgeber sind verpflichtet, einen festzulegenden kleinen Prozentsatz des Lohnes ihrer Arbeitnehmer auf das Vorsorgekonto zu überweisen, außer die Arbeitnehmer widersprechen („opt-out”)
  • Die Arbeitnehmer können mit einem opt-out ihr Vorsorgekonto jeweils für ein Jahr beitragsfrei stellen
  • Das Geld auf dem Vorsorgekonto wird in einem Fonds mit öffentlich-rechtlicher Trägerschaft breit diversifiziert angelegt
  • Der Fonds wirtschaftet ohne Gewinnerzielungsabsicht und mit möglichst geringen Kosten
  • Bei Erreichen des gesetzlichen Rentenalters wird das einbezahlte Kapital als monatliche Rente ausbezahlt
  • Da die Kapitalanlage nicht nur mit risikofreien und niedrig verzinsten Staatsanleihen erfolgen soll, kann die Höhe der Rente nicht garantiert werden
  • Das Kapital kann nur als Rente ausbezahlt werden und nicht vererbt werden, um so die Verrentung anhand der statistischen Lebenserwartung in Deutschland durchführen zu können und das individuelle Langlebigkeitsrisiko abzupuffern
  • Der Staat legt gesetzlich fest, ob und wie die Einzahlungen in das Vorsorgekonto gefördert werden. Innerhalb des Vorsorgekontos findet kein Sozialausgleich statt