Begründung zum Heuschreckenurteil vom 27.2.2007 jetzt veröffentlicht

"Der wirksamen Abtretung von Darlehensforderungen eines Kreditinstituts stehen weder das Bankgeheimnis noch das Bundesdatenschutzgesetz entgegen."

Diesen Satz konnten wir schon in einem Aufsatz des Senatspräsidenten lesen. Bekanntlich hält die deutsche Rechtsprechung ja einen Richter, der seine Meinung vor dem Prozess bereits veröffentlicht und auf bezahlten Seminaren erläutert, für nicht befangen, weil (die Geschichte der letzten 100 Jahre lehrt es!) deutsche Richter per se unabhängig sind. Amerikanische und französische Kollegen erstaunt solch eine Auffassung von der persönlichen Unabhängigkeit.

Im übrigen erscheint uns die gesamte Rechtsargumentation am Problem der Heuschreckenfonds vorbeizugehen. Das BGB sieht den einseitigen Austausch von Vertragspartnern kritisch. "Wo du deinen Glauben gelassen hast, dort sollst du ihn suchen" heißt ein altes Rechtssprichwort. Deshalb ist der Schuldnerwechsel nur mit Zustimmung des jeweiligen Gläubigers möglich.

Eine begrenzte Ausnahme bildet die Forderungsabtretung. Hier erlaubt das BGB, soweit nichts anderes auch stillschweigend vereinbart ist, eine Auswechselung des Gläubigers aber eben mehr auch nicht.

Ein Kreditverhältnis ist aber mehr als die Stellung einer Bank als Gläubiger zu einem reinen Schuldner. Auch die Bank ist Schuldner. Sie schuldet vertrauensvolle Zusammenarbeit, Beistand in Krisenfällen, Erfüllung vertraglicher Nebenpflichten und vieles mehr. Deshalb sprechen wir heute davon, dass Banken auch People-Worthy (kundenwürdig) (so der Nobelpreisträger dieses Jahres Mohammad Yunus) und nicht nur die Kunden kreditwürdig sein müssen. Diese Pflichten kann sie nicht auf einen Heuschreckenfonds ohne Kompetenz und Banklizenz übertragen.

Das gilt nach unserer Auffassung für das Recht zur Kündigung. Die Bank muss laut Gesetz mit dem Schuldner vor Kündigung reden und Wege suchen, um die Überschuldung zu vermeiden. Für diese gesetzliche Pflicht ist nur sie geeignet, weil sie eine Bankkonzession hat und auch alternativen Anbieten kann. Heuschreckenfonds sind dagegen der Schrecken der Schuldner, weil sie ignorant, unüberwacht, unerfahren und alternativlos sind.

Die Gerichte sollten sich hierum kümmern und die Anwälte zunächst die Fälle vor Gericht bringen, in denen vom Heuschreckenfonds gekündigt wurde und nicht nur das Inkasso für bereits gekündigte Kredite übernommen wurde.

Zu dem Urteil schreibt RA Ahr aus Bremen weiter:

"Die Begründung entspricht in etwa dem, was vom Senatsvorsitzenden bereits vorher in einem Zeitschriftenbeitrag zu lesen war. Nicht erörtert wird das Problem unter dem Gesichtspunkt eines Treueverstoßes der Bank, weil das Verhältnis Bank/Kunde ja auch als ganz besonders empfindliches Vertrauensverhältnis anzusehen ist, bei dem die Bank bei jedem ihrer Schritte (z.B. anerkanntermaßen auch bei einer a.o. Kündigung) neben ihren eigenen berechtigten Interessen die des Kunden berücksichtigen muß.

Darüber hinaus wird völlig übersehen, ob es sich bei dem Problem nicht um eine Schuldübernahme handelt, bei der der Kunde zustimmen müsste."

Wir stimmen der Kritik zu.