Das institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) hat im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) die gesetzliche Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung untersucht. Das Gutachten „Kreditwürdigkeitsprüfung – zwischen Überschuldungs- und Datenschutz: Perspektiven zur nationalen Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie“ wurde heute gemeinsam mit dem vzbv in einem Pressegespräch vorgestellt.

Die überarbeitete neue Verbraucherkreditrichtlinie (neue VerbKrRL) sieht verschiedene Änderungen für Konsumentenkredite vor, die zu Verbesserungen für Verbraucher:innen führen – vor allem im Bereich der Überschuldungsprävention. Das Gutachten fokussiert auf die zentrale Frage, inwieweit Verbraucher:innen durch die Kreditwürdigkeitsprüfung vor Überschuldung geschützt werden können, ohne den Schutz personenbezogener Daten zu verletzen. In den Blick genommen werden die Ratenkredite sowie Buy-Noy-Pay-Later-Angebote.

Das Gutachten untersucht die aktuelle Rechtslage sowie Praxis und vergleicht diese mit den durch die neue VerbKrRL eingeführten Verbesserungen und Änderungen, die bis 20.11.2025 ins nationale Recht umzusetzen sind. Dabei legt das Gutachten den Fokus darauf, ob trotz zahlreicher Verbesserungen der neuen VerbKrRL eventuelle Schutzlücken bestehen. Zudem setzt sich das Gutachten mit den datenschutzrechtlichen Aspekten auseinander, insbesondere auf welcher Grundlage die für die Kreditwürdigkeitsprüfung erforderlichen personenbezogenen Daten verarbeitet werden dürfen.

Zur Gewährleistung des Überschuldungsschutzes und Schutzes personenbezogener Daten schließt das Gutachten mit folgenden Feststellungen und Empfehlungen ab:

  • Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung durch die neue VerbKrRL auf Kurzzeit- und Minikredite ist aus der Perspektive des Überschuldungsschutzes zu begrüßen. Dies hat zur Folge, dass die Anbieter der BNPL-Kredite verpflichtet sein werden, vor dem Abschluss des Kreditvertrages eine Kreditwürdigkeitsprüfung durchzuführen. Doch Art. 18 der neuen VerbKrRL setzt die Informationen, auf deren Grundlage die Kreditwürdigkeitsprüfung durchzuführen ist, mit der Art, Laufzeit, Höhe und den Risiken des Kredits für die Verbraucher:innen ins Verhältnis. Daher muss bei der Umsetzung der Richtlinie ins deutsche Recht sichergestellt werden, dass sich das Gebot der Verhältnismäßigkeit nicht nach der Höhe und Laufzeit eines Kredits, sondern nach dem damit verbundenen Überschuldungsrisiko ausrichtet, das auch bei sogenannten Minikrediten und gerade bei kurzen Laufzeiten beträchtlich sein kann.
  • Für den Überschuldungsschutz ist bei der Kreditwürdigkeitsprüfung vor allem die Schuldentragfähigkeit der kreditaufnehmenden Person zu prüfen, die sich in Übereinstimmung mit der neuen VerbKrRL an der Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung auszurichten hat. Um diese Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, sind neben dem regelmäßigen Einkommen und regelmäßigen Ausgaben andere finanzielle und wirtschaftliche Umstände in Erfahrung zu bringen. Hierbei kann es zu Konflikten kommen, denn im Interesse einer korrekten Rückzahlungsprognose bedarf es dafür einer möglichst individuellen und vollumfänglichen Erfassung von Einnahmen und Ausgaben, z. B. mit Hilfe des Kontoblicks, das wiederum aber zu Konflikten mit Datenschutzinteressen führen kann.
  • Das Verfahren des Bonitätsscorings wird bei der Kreditwürdigkeitsprüfung genutzt, um Prognosen für das Zahlungsverhalten der kreditbeantragenden Person zu berücksichtigen. Ein Bonitätsscore gibt aber zum Beispiel keine Auskunft über das zur Verfügung stehende Einkommen, obwohl dies ein wichtiger Aspekt für die Kreditwürdigkeit ist. Bonitätsscores sollten also nie alleinige Grundlage zur Entscheidung über die Kreditwürdigkeit sein.
  • Derzeit können Daten auf freiwilliger Basis an ein Kreditinstitut übermittelt werden, um durch den Kontoblick die Kosten für die Kreditwürdigkeitsprüfung zu verringern. Ziel sollte aber sein, dass Verbraucher:innen niedrigschwellige Möglichkeiten zum Widerruf der Einwilligung haben – das ist derzeit leider nicht der Fall.
  • Die neue VerbKrRL sieht vor, dass die Informationen für die Kreditwürdigkeitsprüfung keine besonderen Kategorien personenbezogener Daten gemäß DSGVO, also sensible Daten wie etwa Gesundheitsdaten, umfassen dürfen. Dennoch ist es für die Anbieter möglich, diese sensiblen Daten durch eine ausdrückliche Einwilligung der Verbraucher:innen trotzdem zu verarbeiten. Wir empfehlen daher, für Kreditwürdigkeitsprüfungen ein grundsätzliches Verarbeitungsverbot für die sensiblen Daten einzuführen, welches auch nicht durch eine Einwilligung aufgehoben werden kann.
  • Nach derzeitiger Rechtslage unterliegen die Kreditgeber lediglich bei den Immobilienkrediten einer Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht. Die neue VerbKrRL stärkt dabei die Verbraucherrechte, indem die bestehende Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht des Kreditgebers bei Immobilienkrediten auf Ratenkredite ausgeweitet wird. Zum Zwecke der effektiven Durchsetzung der Verbraucherrechte sollte die Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht des Kreditgebers aber künftig auch mit einer Aushändigungspflicht kombiniert werden.

Den vollständigen Bericht lesen Sie hier.

Projektteam: Dr. Duygu Damar-Blanken, Prof. Dr. Anne Riechert, Dr. Hanne Roggemann, Prof. Dr. Ingrid Größl

Ansprechperson iff: Dr. Duygu Damar-Blanken

Medienbeiträge:

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