Projektbericht „Breaking down barriers to basic payment accounts“ veröffentlicht

In Kooperation mit Finance Watch Europe untersuchte das institut für finanzdienstleistungen (iff) im Rahmen einer EU-Studie den Markt für Basiskonten in Deutschland.  Nun wurde der finale Bericht veröffentlicht, der die Ergebnisse aus Deutschland, Spanien und Rumänien enthält.

Zum vollständigen Bericht siehe hier.

Zur Pressemitteilung von Finance Watch siehe hier.

Dr. Duygu Damar-Blanken hat die Ergebnisse der Studie am 25.04.2024 in einem Webinar vorgestellt (siehe hier). 

Hintergrund

Seit dem Jahr 2016 haben Verbraucher:innen das Recht auf ein Basiskonto, um am Wirtschaftsleben teilhaben zu können. Die Europäische Kommission veröffentlichte am 15. Mai 2023 zwei Berichte über die Umsetzung der Richtlinie über Zahlungskonten (Payment Accounts Directive, PAD). Aktuelle Hinweise aus der Praxis und der Bericht der Kommission deuten darauf hin, dass die Richtlinie ihr Ziel, einen umfassenden Zugang zu einem Basiskonto zu gewährleisten, nicht vollständig erreicht.

Studie

Die Studie zielt daher darauf ab, zu ermitteln, welche politischen Änderungen an der PAD erforderlich sind, um sicherzustellen, dass schutzbedürftige, in der EU ansässige Verbraucher:innen Zugang zu einem erschwinglichen Basiskonto haben. Das iff hat den deutschen Teil der Finance Watch-Studie über die Effektivität der Richtlinie und ihre Umsetzung ins nationale Recht durchgeführt.

Die Erhebung erfolgte mittels Mystery Shopping und einer qualitativen Umfrage, um die Hauptursachen für Zugangshindernisse zu Basiskonten insbesondere für vulnerable Verbraucher:innen in Deutschland zu ermitteln.

Insgesamt wurden 15 Testkäufe mit 2 Testern und 3 verschiedenen Profilen durchgeführt. Da sich die Studie auf schutzbedürftige Verbrauchergruppen konzentrierte, reichten die Profile von einem jungen deutschen Obdachlosen ohne festen Wohnsitz über einen iranischen Staatsbürger mit befristeter Aufenthaltsgenehmigung bis hin zu einem Freiwilligen, der einem libanesischen Flüchtling hilft. Zusätzlich wurden für die qualitative Umfrage Expert:innen zu ihren Erfahrungen mit den Zugangshindernissen, denen vulnerable Verbrauchergruppen in der Praxis ausgesetzt sind, befragt.

Ergebnisse

Es ließen sich Hindernisse in drei Schlüsselbereichen feststellen: Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Preis.

Verfügbarkeit

Alle Banken und Sparkassen in Deutschland bieten in der Regel Basiskonten an. Formal ist die Verfügbarkeit also sehr hoch. Faktisch sieht es mit der Verfügbarkeit von Basiskonten jedoch nicht gut aus. Nach Aussage eines Experten einer Verbraucherzentrale ist der Zugang zu einem Basiskonto nur dann möglich, wenn man gezielt danach fragt oder sich von einem Experten einer Verbraucherzentrale beraten lässt.

Die Banken werben nicht für Basiskonten und führen in ihrem Marketingmaterial keine Informationen über diese auf. Daraus können wir schließen, dass ein aktives Engagement der Banken zur Information der Verbraucher:innen über Basiskonten völlig fehlt.

Außerdem bieten nicht alle Banken proaktiv Basiskonten an, wenn sie nach den verschiedenen Arten von Zahlungskonten gefragt werden. Nur in 8 von 15 Fällen wurde unseren Testkäufern proaktiv ein Basiskonto angeboten.

Fragt eine Person ausdrücklich nach einem Basiskonto, kann die Antwort der Banken dennoch negativ ausfallen. In einigen der Fallstudien teilten die Bankmitarbeiter den Testern mit, dass sie entweder keine Basiskonto anbieten oder dass sie in der Vergangenheit welche angeboten haben, diese aber nicht mehr anbieten.

Nur in 5 der 15 Testkäufe waren die Bankmitarbeiter in der Lage, ausreichende Informationen und/oder Erklärungen zu Basiskonto zu geben. In einem Fall kannte der/die Bankangestellte nicht einmal den Namen des Basiskontos.

Auch wenn die Bank Informationen über Basiskonten anbietet, sei es proaktiv oder auf Anfrage von Verbraucher:innen, kann sie die Eröffnung eines Basiskontos aus Gründen ablehnen, die rechtlich nicht zulässig sind. In einem unserer Testfälle wurde beispielsweise die Eröffnung eines Basiskontos zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass die Person arbeitslos sei. Nachdem der/die Bankmitarbeiter:in mit anderen Mitarbeiter:innen gesprochen hat, wurde der Grund für die Ablehnung dahingehend geändert, dass die Eröffnung eines Basiskontos nicht möglich sei, weil bereits ein Konto bei einer anderen Bank in der Vergangenheit bestand. In einigen anderen Fällen bemühten sich die Bankangestellten, den Tester davon zu überzeugen, ein anderes Zahlungskonto anstelle eines Basiskontos zu eröffnen, das angeblich nicht mehr angeboten wurden.

Zugänglichkeit

Selbst wenn ein Basiskonto vorhanden ist, bedeutet dies nicht unbedingt, dass vulnerable Verbrauchergruppen Zugang dazu haben. Es gibt mehrere Hindernisse, von denen das erste die Sprache betrifft. In der Studie zeigte es sich, dass die Antragsformulare in den meisten Fällen nur in deutscher Sprache verfügbar sind. Nur in wenigen Ausnahmen werden sie auch in englischer Sprache bereitgestellt.

Eine weitere Hürde ist die Tatsache, dass Basiskonten in der Regel nicht online eröffnet werden können. Nur in sehr wenigen Fällen bieten die Banken in Deutschland diese Möglichkeit an. In der Regel müssen die Verbraucher:innen eine Filiale aufsuchen und einen Termin vereinbaren.

Ein weiteres Problem sind die Unterlagen, die die Banken für die Eröffnung eines Basiskontos verlangen. In 80 Prozent der Fälle verlangen die Banken in Deutschland den Nachweis einer Aufenthalt und/oder eine Aufenthaltsgenehmigung, was den Zugang zu einem Basiskonto für Personen ohne festen Wohnsitz sowie für Flüchtlinge und Asylbewerber erheblich erschwert.

Nicht zuletzt scheinen bestimmte Gefährdungsfälle ein Ausschlusskriterium für die Banken zu sein. In einem der Fälle waren der/die Bankmitarbeiter:in beispielsweise über das genannte Stichwort „Schuldnerberatung“ sehr beunruhigt, was bedeutet, dass die Bank bei Überschuldung des Antragstellers nur sehr zögerlich ein Basiskonto anbietet.

Preis

Eines der Hauptprobleme bei einfachen Zahlungskonten sind die von den Banken erhobenen Gebühren. Das deutsche Zahlungskontengesetz sieht vor, dass der Kontoinhaber verpflichtet ist, Gebühren für Basiskonto zu zahlen, aber die Gebühren angemessen sein müssen (§ 41 ZKG).

Der Bundesgerichtshof hatte im Jahr 2020 entschieden, dass es bei der Regelung zum angemessenen Entgelt vor allem darum geht, das gesellschaftspolitische Ziel der PAD zu erreichen und den Zugang für bisher vom Zugang zu Zahlungskonten ausgeschlossene Personen zu erleichtern. Nach Ansicht des Bundesgerichthofs stünden erhöhte Preise für Basiskonten im Widerspruch zu dieser gesellschaftspolitischen Zielsetzung der PAD und des Zahlungskontengesetzes, da sie eine faktische Zugangshürde darstellen würden (BGH, Urteil vom 30. Juni 2020 – XI ZR 119/19).

Nach jetziger Rechtslage können also Banken in Deutschland durch eine Erhöhung der Gebühren für ihre den Basiskonten ähnlichen Zahlungskontomodelle ein sehr wirksames Hindernis für vulnerable Verbrauchergruppen schaffen. Denn solange die Gebühren für ihre Basiskonten nicht höher sind als die Gebühren für ihre ähnlichen Zahlungskontomodelle, steht ihre Preispolitik nicht im Widerspruch zum Urteil des Bundesgerichtshofs.

In unserer Studie haben wir festgestellt, dass die jährlichen Gebühren bei den verschiedenen Banken derzeit zwischen 58,80 und 143,40 Euro liegen, was zu einer monatlichen Gebühr von mindestens 4,99 und höchstens 11,95 Euro führt. Ein Vergleich mit den Gebühren für ähnliche Zahlungskonten derselben Banken zeigt, dass die Banken ihre Gebühren für Basiskonten derzeit an ihre ähnlichen Zahlungskontenmodelle orientieren. Daher bietet die derzeitige Rechtslage in Deutschland nur Schutz vor höheren Gebühren, nicht aber vor hohen Gebühren.

Das Projekt lief vom 01.08.2023 bis zum 30.11.2023.

Ansprechperson iff: Dr. Sally Peters