Ü-Report 2022

Erneut konnte das iff die Daten von 78 Schuldnerberatungsstellen für den Überschuldungsreport auswerten. Der Überschuldungsreport ermöglicht einen Einblick in die Lebenssituation der Ratsuchenden und trägt dazu bei, die Bedürfnisse und Bedarfe der überschuldeten Personen in Deutschland systematisch zu erfassen und sichtbar zu machen.

Der diesjährige iff-Überschuldungsreport zeigt, dass Arbeitslosigkeit weiterhin der größte Faktor für ein Abrutschen in die Überschuldung bleibt. Ein Blick auf das Alter verdeutlicht jedoch die Unterschiede in der Entstehung finanzieller Schwierigkeiten. Die Ausrichtung von personenbezogenen wie strukturellen Angeboten der Prävention und Beratung muss sich entsprechend an den jeweiligen Bedarfen orientieren. Stetig wachsende Einkommensarmut sowie Krankheit als zunehmende Überschuldungstreiber zeigen beispielsweise, dass die sozialen Sicherungssysteme in vielen Fällen insbesondere für ältere Personen nicht mehr ausreichen, um finanziell über die Runden zu kommen. Die beschriebenen wirtschaftlichen Umbrüche sind zudem für die Ratsuchenden der Schuldnerberatung schwerwiegend, da sie nur über ein geringes Einkommen verfügen und die Verfestigung von Armutslagen begünstigt wird.

Die meisten Ratsuchenden der Schuldnerberatung sind weiterhin alleinstehende Personen (59,79 Prozent), der überwiegende Teil davon Männer (62,30 Prozent). Alleinerziehende Elternteile sind damit überproportional im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in den Beratungsstellen vertreten (Betroffenheitsindex 2,7). Arbeitslosigkeit und Einkommensarmut prägen mehrheitlich die Lebenssituation der Ratsuchenden. Das Nettoäquivalenzeinkommen liegt bei knapp über der Hälfte (55,66 Prozent) der Ratsuchenden unter 1.000 Euro im Monat und damit deutlich unter der Armutsgefährdungsgrenze von 1.251 Euro.

Eine Personengruppe, bei der die Beratungsangebote mit den Bedürfnissen nicht im Einklang sind, sind die in Überschuldung geratenen (ehemals) Selbstständige, denen der diesjährige Überschuldungsreport seinen Schwerpunkt widmet. Die multiplen Krisen treffen Klein(st)selbständige besonders hart. Bei Unterstützungsleistungen bleiben sie jedoch weitestgehend unberücksichtigt, bzw. passen diese häufig nicht zu den vielfältigen Unternehmen der Klein(st)selbstständigen. Insofern sind auch Beratungsangebote für diese Personengruppe rar gesät.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Fokus Überschuldungsforschung. Trotz der weiterhin alarmierenden Zahlen zum Ausmaß privater Überschuldung scheint es kaum Interesse an der Forschung zur Überschuldung von Privatpersonen zu geben. Überschuldungsforschung leistet auch einen Beitrag zur Professionalisierung, Forschung und Praxis gehen dabei Hand in Hand. Überschuldung ist ein komplexes Problem und stellt hohe Anforderungen ans fachliche Handeln der Berater:innen. Ihr Handeln muss auf wissenschaftlich geprüftem Wissen basieren und darf sich nicht nur an subjektiven Aspekten wie Sichtweisen, Meinungen oder Empfindungen orientieren.

Download unter: https://www.iff-hamburg.de/ueberschuldungsreport-ergebnisse/

Für Rückfragen wenden Sie sich gerne an Dr. Sally Peters unter sally.peters@iff-hamburg.de oder Dr. Hanne Roggemann unter hanne.roggemann@iff-hamburg.de

Foto: rh2010 – stock.adobe.com

 

iff-ueberschuldungsreport-2022

Der Überschuldungsreport

Der iff-Überschuldungsreport in Kooperation mit der Stiftung Deutschland im Plus ist eine jährlich erscheinende bundesweite Studie zur Situation überschuldeter Haushalte in Deutschland, die Unterstützung der Schuldnerberatungsstellen in Anspruch nehmen. Ziel der Studie ist es, den beteiligten gesellschaftlichen Gruppen aus Politik, Verwaltung und Schuldnerberatung, den betroffenen Haushalten und den An-bietern von Finanzdienstleistungen belastbare Daten zur Verfügung zu stellen, um gemeinsame Lösungen dafür zu finden, dem Überschuldungsproblem entgegenzuwirken und die negativen Folgen von Überschuldung zu verringern.

Der iff-Überschuldungsreport erscheint seit 2006 und wird von einem interdisziplinären Team erstellt. Für den iff-Überschuldungsreport 2022 wurden Daten von Haus-halten untersucht, bei denen die Schuldnerberatung zwischen den Jahren 2008 und 2021 begann. Ausgewertet wurden die anonymisierten Daten 197.007 Haushalten aus 78 Beratungsstellen bundesweit.

Die Ergebnisse bilden damit ein belastbares Bild zur Lage der Ratsuchenden von Schuldnerberatungsstellen ab und schaffen Transparenz für die Ab- und Herleitung praktikabler Handlungsempfehlungen.

Das institut für finanzdienstleistungen e. V. (iff) ist ein gemeinnütziges Forschungsinstitut, das seit über 30 Jahren für öffentliche Auftraggeber, Verbraucherverbände und privatwirtschaftliche Unternehmen auf nationaler und internationaler Ebene forscht.