Aktueller iff-Überschuldungsreport zeigt, viele Überschuldete geben mehr als die Hälfte fürs Wohnen aus; Einkommen sind ein Fünftel unterhalb der Armutsschwelle

Überschuldungsreport Cover 2018

Überschuldungsreport 2018

Hamburg, 09.11.2018 – Der iff-Überschuldungsreport 2018, der die Situation von ca. 10.000 Haushalten jährlich berücksichtigt, zeigt: Ein Fünftel der Überschuldeten müssen mehr als die Hälfte für Wohnkosten ausgeben. „Mietsteigerungen treffen sie aufgrund ihrer niedrigen Einkommen besonders hart“, sagt Dr. Dirk Ulbricht, Direktor des gemeinnützigen Instituts für Finanzdienstleistungen (iff). Ihr Einkommen liegt ein Fünftel unterhalb der Armutsschwelle. Der beste Weg aus Armut und Überschuldung wäre eine auskömmliche Beschäftigung, das bleibt für die meisten aber nur ein Traum. „Die Hälfte der Überschuldeten ist arbeitslos, das trotz des Wirtschaftsaufschwungs der letzten Jahre“, führt Ulbricht weiter aus.

So wundert es nicht, dass die Gruppe der Überschuldeten seit Jahren wächst, im Jahr 2017 waren in Deutschland rund 7 Millionen erwachsene Menschen betroffen. „Die Ausgrenzung erstreckt sich auch auf die in überschuldeten Haushalten überproportional häufig lebenden Kinder“, so Ulbricht. Aufgrund des niedrigen Einkommens sind Überschuldete besonders stark von dem Anstieg der Wohnkosten in den Stadtzentren deutscher Großstädte wie Berlin, München oder Hamburg gefährdet. Einkommensarme und insbesondere auch überschuldete Menschen werden zunehmend in immer weiter von den Zentren entfernte Randlagen gedrängt. Das erhöht die Hürde, durch Aufnahme einer Arbeit aus eigener Kraft die Schulden zurückzuzahlen.

Einkommen der Überschuldeten liegt ein Fünftel unter der Armutsschwelle

In dem vom Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (iff) und der Stiftung „Deutschland im Plus“ vorgestellten Report werden neben allgemeinen Entwicklungen in Bezug auf Überschuldung auch die Entwicklung der Einkommen beleuchtet.

Entsprechend der gängigen Armutsdefinition, nach der als stark armutsgefährdet gilt, wer nicht mehr als 60 Prozent des Medians des in der Bevölkerung gemessenen Äquivalenzeinkommens erzielt, gelten angesichts einer Armutsschwelle in Höhe von 1.064 Euro im Jahr 2016  etwa zwei Drittel der Ratsuchenden als einkommensarm. Zwar ist das Pro-Kopf-Einkommen der Ratsuchenden zwischen 2008 und 2017 von 770 Euro auf 880 gestiegen. Dieser rund 14 prozentige Anstieg hat aber nur zu einem kleinen Teil eine tatsächliche Verbesserung der Lebenssituation mit sich gebracht. Betrachtet man den um die allgemeine Preisentwicklung bereinigten Verlauf, ergibt sich lediglich ein Anstieg von drei Prozent. Zudem stellt sich der leichte Anstieg von 2016 auf 2017 preisbereinigt als Abnahme des Pro-Kopf-Einkommens um sieben Euro heraus.

Die wichtigsten Überschuldungsauslöser

Betroffene geraten in der überwiegenden Zahl der Fälle ohne ihr eigenes Zutun in die Überschuldung. Arbeitslosigkeit und reduzierte Arbeit machen zusammen 26,4 Prozent der angegebenen Überschuldungsursachen aus. 2011 lag der Wert bei fast dem gleichen Wert, die Bedeutung dieses Auslösers hat somit trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs und des damit verbundenen Beschäftigungszuwachses nicht an Bedeutung verloren. Einkommensarmut, der zweitwichtigste Auslöser, war über die letzten Jahre immer häufiger genannt worden, zuletzt war sie allerdings auf 10,4 Prozent zurückgegangen. Krankheit (9,9 Prozent) wird ein immer bedeutenderer Faktor. Scheidung oder Trennung (9,5 Prozent) hingegen verlieren in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung, ebenso wie Konsumverhalten (8,7 Prozent) und gescheiterte Selbstständigkeit (8,1 Prozent).

Das iff und der Überschuldungsreport

Das gemeinnützige Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (iff) forscht seit rund 30 Jahren unter anderem im Auftrag von Verbraucherzentralen, Bundesministerien und Europäischem Parlament und Kommission zu nachhaltigen Finanzdienstleistung im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.

Seit 2006 erstellt das iff den jährlich erscheinenden iff-Überschuldungsreport, der auf einer detaillierten Auswertung von Haushalten basiert, die eine Schuldnerberatungsstelle aufsuchen. Der diesjährige iff-Überschuldungsreport beruht auf einer weiter vergrößerten Datenbasis von mehr als 110.000 Haushalten in ganz Deutschland. Ausgewertet wurden die anonymisierten Daten von 39 Beratungsstellen in allen 16 Bundesländern. Die Ergebnisse bilden damit ein belastbares Bild zur Lage der Ratsuchenden von Schuldnerberatungsstellen ab und schaffen Transparenz für die Ab- und Herleitung praktikabler Handlungsempfehlungen.

Der vollständige Bericht ist im Internet unter http://www.iff-ueberschuldungsreport.de abrufbar.

Ansprechpartner für die Medien:

Für den iff-Überschuldungsreport: Herr Dr. Dirk Ulbricht Tel: 040 / 3096-9110

E-Mail: dirk.ulbricht@iff-hamburg.de

Zu den Aktivitäten der Stiftung „Deutschland im Plus“: Frau Ute Scharnagl Pressesprecherin Tel: 0911 / 5390-1030

E-Mail: info@deutschland-im-plus.de