Die Bürgerbewegung Finanzwende – Finance Watch Deutschland will mobilisieren, um die Finanzwirtschaft nachhaltig zu machen
10 Jahre nach der Finanzmarktkrise ist der Rauch verflogen. Die, die sich nicht regelmäßig mit Finanzendienstleistungen beschäftigen, erinnern sich nur noch an die Lehman Pleite, die Krisengipfel und Rettungspakete, die Hilflosigkeit der Politik. Man sprach davon, dass das Finanzsystem drohte zusammenzubrechen – mit furchtbaren Folgen für die Realwirtschaft. Es floss Geld, viel Geld. Die unglaublichen Summen, die zur Rettung der Finanzwirtschaft aufgewendet wurden, erreichten schwindelerregende Höhen. Sie waren so hoch, dass sie für Normalbürger nicht begreifbar waren und dadurch letztlich auch keine Bedeutung für sie hatten. Der Zusammenhang zum eigenen Leben fehlte.
Einen persönlichen Schaden haben die meisten Deutschen nicht davongetragen. Sicher, es gab einige, wie die 50.000 Lehman Anleger, die die Folgen der Krise direkt mitbekommen haben. Auch kam es zur Verstaatlichung oder Übernahme einzelner Institute. Individuell spürbar war das nicht. Der Exportweltmeister blieb verschont. Ja, klar, die Vertrauenskrise der internationalen Finanzmärkte machte auch vor den globalen Just-in-time Produktionsketten, in die die deutsche Industrie eingebunden ist, nicht halt. Es gab einen ordentlichen Dämpfer, keine Frage; Der währte aber nicht lang.
Im Gegenteil, die Krise mündete in eine der längsten Wachstumsphasen aller Zeiten. Und die hingegen erlebt der Bürger hautnah: In einigen Regionen herrscht Vollbeschäftigung, die Löhne legen zu und die Vermögenspreise, vor allem die Immobilienpreise in Großstädten sind gestiegen. Schließich spielen wir regelmäßig wieder erfolgreich um die zweifelhafte Ehre der Exportweltmeisterschaft mit.
In der Tatsache, dass unsere Bürger die Krise nicht erlebt haben, liegt dann aber ein Problem. Die Regulierung der Finanzmärkte ist von der Tagesordnung verschwunden, und das zu einem denkbar ungünstigen Augenblick.
Die Gefahr einer erneuten Krise ist so hoch wie nie – nach wie vor sind die Finanzmärkte instabil, die Abhängigkeit von einzelnen systemrelevanten Finanzunternehmen besteht weiter, die Risiken haben sich zu Schattenbanken hin verlagert und viele Staaten wie Unternehmen sind hoch verschuldet. Schließlich aber hat die laxe Geldpolitik die Vermögenspreise derart steigen lassen, dass viele von einem baldigen Platzen einer Blase sprechen.
Das muss sich ändern. Die Finanzwirtschaft muss gezügelt, die Risiken müssen gebändigt werden, sonst drohen erneut milliardenschwere Rettungsaktionen. Geld, dass für drängende Herausforderungen besser verwendet werden kann.
Wie kann das aber gelingen, nachdem 10 Jahre lange Änderungsprozesse erfolglos angestoßen worden sind? Die Antwort könnte die Bürgerbewegung Finanzwende bieten. Sie möchte möglichst viele BürgerInnen dazu mobilisieren, sich für eine kontrollierbare Finanzindustrie einzusetzen, die auf nachhaltige Weise der Gesellschaft als Ganzem dient. Finanzenthemen müssen dazu erlebbar gemacht werden. Diese Gegenlobby aus der Gesellschaft heraus soll ein Gegengewicht zur Finanzlobby schaffen. So wie bei der Finanzkrise die Verbraucherkredite den Stein ins Rollen brachte, so könnte es auch beim nächsten Mal sein, vielleicht mit der Kleinkreditlawine die gerade angelaufen ist.
Hier hat das iff seine besondere Expertise. Es erforscht seit drei Jahrzehnten die Finanzmärkte mit einem besonderen Blick auf verwundbare Verbraucher. Viele Finanzprodukte kalkulieren das Überschuldungsrisiko der Kunden offensichtlich mit ein (siehe z.B. #StopWucher). Rund 7 Millionen erwachsene Deutsche sind derzeit in Deutschland betroffen; Häufig handelt es sich dabei um Alleinerziehende mit Kindern. Gerade diejenigen, die besser für ihr Alter vorsorgen müssen, haben keine Vorsorge oder besparen Produkte wie Kapitallebensversicherungen, die auch schon für die Mehrzahl der früheren Kunden bereits keine adäquate Lösung darstellten. Nach nachhaltigen Produkten – nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch und sozial – sucht man als Verbraucher derzeit häufig noch vergeblich.